#LetsTalkAboutSexes | Social Media Aktion zum #Geschlechterkampf im Städel Museum Frankfurt

Bis zum 19. März diesen Jahres zeigt das Städel Museum in Frankfurt noch die große Ausstellung Geschlechterkampf, die nicht weniger zeigen soll als die Auseinandersetzung von Künstlerinnen und Künstler mit der Frage nach der weiblichen und männlichen Identität in den vergangenen 100 Jahren. Wobei es um alle Geschlechter geht, also auch Transsexualität und Intersexualität thematisiert werden. Wie immer hat das Museum übrigens ein sehr schönes Digitorial erstellt, mit dem man den Besuch thematisch vor- oder nachbereiten kann.

Bis zum 2. Februar wurde nun die begleitende Social Media Aktion #Letstalkaboutsexes angestoßen, bei der jeder zur Beteiligung eingeladen ist. Da die Ausstellung vor allem historische Perspektiven präsentiert, fragt das Museum nun nach dem Status Quo in unserem Alltag. Eine schöne Idee! Ich hoffe, dass trotz der kurzen Laufzeit von drei Wochen, viele Beiträge zusammen kommen. Am Ende geht das Thema ja jeden von uns etwas an.

Für mich ist die Aktion ein guter Grund mal wieder einen Beitrag für diesen Blog zu schreiben, nachdem MuseumLifestyle mich im letzten Jahr ziemlich in Anspruch genommen hat. Die Besprechung der Ausstellung, die ich erst im Februar besuchen werde, erscheint aber wie gewohnt dort. Auf den Ausstellungsbesuch freue ich mich bereits sehr, denn das Thema ist eines, das einem natürlich ständig im Alltag begegnet. Und auch die Künstler und Künstlerinnen, die ich besonders schätze und deren Werke ich besonders inspirierend finde, haben sich mit der Frage nach Identität und Geschlecht auseinandergesetzt. So zum Beispiel Eva & Adele, Lynn Hershman Leeson oder VALIE EXPORT.

Beim Schreiben dieses Beitrages ist es mir übrigens gar nicht so leicht gefallen immer sachlich zu bleiben, weil die (Berufs-)Welt eben doch voller Ungerechtigkeiten ist, die mir jeden Tag in der einen oder anderen Form begegnen.

Geschlechterkampf in der Kulturbranche

Als ich mich entschieden habe, einen Beitrag zur Aktion #LetsTalkAboutSexes zu schreiben, war ich außerdem dabei einen Beitrag darüber vorzubereiten, warum ich zum April meinen Job wechsle und der Kulturbranche beruflich vorläufig den Rücken zukehre. Das Bloggen bleibt davon unbeeindruckt und meine beiden Blogs weiterhin aktiv. Dann ist mir aufgegangen, dass diese Themen sich mindestens berühren. Nun ist es aus diesem Grund ein einziger Beitrag geworden mit meinen Gedanken zum Thema.

Lustigerweise finde ich bis heute, dass gerade die Kulturbranche als Filterblase ein gutes Beispiel dafür ist, welche Kämpfe wir im Leben führen oder führen müssen. Gleichzeitig kommt sie dabei meistens recht flauschig und kuschelig daher.

Bis heute verdienen Künstlerinnen weniger Geld als Künstler, ihre Werke werden für weniger auf dem Sekundärmarkt gehandelt und auch die Anerkennung wird oft durch das Label „feminine Kunst“ geschmälert. Erfreulicherweise werden in der Ausstellung des Städel tatsächlich Werke männlicher und weiblicher Künstler in einem ausgewogenen 50/50 Verhältnis gezeigt. Keine Selbstverständlichkeit im Kunstbetrieb, aber unerlässlich beim Anspruch der Ausstellungsmacher die ganze Bandbreite der künstlerischen Auseinandersetzung zu zeigen. Der Geschlechterkampf ist also auch hier nach wie vor präsent. Ebenso im Verhältnis von Direktorinnen und Direktoren. Wobei sich gerade hier einiges bewegt. Soeben haben ja erst die Tate sowie die Vatikanischen Museen die ersten Direktorinnen in der Geschichte der Häuser verkündet. Weitere Traditionshäuser folgen hoffentlich in den nächsten Jahren. Immerhin studieren ja auch viel mehr Frauen erfolgreich Kunstgeschichte als Männer.

Für mich persönlich war der Kunstbereich jedoch beruflich immer ein Ort an dem ich keine Benachteiligung als Frau erfahren habe. Dabei möchte ich die Betonung auf persönlich legen, denn ich kenne durchaus fantastische, hoch qualifizierte Frauen, die aus „klassischen“ Gründen wie Familienplanung ausgebootet worden sind. Und auch ich weiß nicht, ob ich mich wirklich dazu entschließen werde, so ein großes Wagnis wie die Mutterschaft einzugehen, aus beruflichen Gründen. Wäre definitiv auch so ein Thema für einen eigenen Beitrag.

Ich hatte immer mehr weibliche als männlichen KollegenInnen und wurde sowohl von Männern als auch von Frauen bei meiner beruflichen Entwicklung unterstützt und gefördert. Persönlich kann und möchte ich mich deshalb einfach nicht beschweren. Bisher gab es keine geschlechtsbedingten Einschnitte im Beruf für mich.

Diskriminierungen oder frauenfeindliche Sprüche kenne ich ebenfalls nur aus der Universität und nicht aus dem Berufsleben. Doch auch dort hatte ich hauptsächlich Dozentinnen und nur einige wenige Dozenten, die gefühlt im letzten Jahrhundert hängen geblieben sind. Vielleicht sterben die gerade einfach aus.

Doch als besonders familienfreundlich würde ich den Kulturbereich auch nicht gerade bezeichnen. Wird in den Vermittlungsabteilungen der meisten Häuser zwar großer Wert auf Veranstaltungen für Eltern gelegt, sind die beruflichen Bedingungen für dieselben wohl eher schwierig zu nennen. Eine Problematik, die nicht spezifisch für diesen Bereich ist, doch irgendwie seltsam anmutet, wenn man darüber nachdenkt, dass Kulturinstitutionen einen gesellschaftlichen Auftrag verfolgen mit dem sich die Realität der Mitarbeitet nicht immer vereinbaren lässt.

Geld ist Macht | Ein anderer Kampf

Was ich am Kulturbereich schwierig finde und was mich dazu bewogen hat, in die freie Wirtschaft zu wechseln, ist kein Geschlechterkampf, sondern der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen im Allgemeinen. Nach nun fast sechs Jahren in der Kunstwelt bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Menschen, die jeden Tag Kunst ermöglichen und dafür all ihr Herzblut opfern, oft zu kurz kommen. In den letzten Jahren habe ich gesehen wie sich zahllose Menschen für die Kunst aufgerieben haben. Fair bezahlt wird das in der Regel nicht. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel und auch ich selbst habe meistens Glück gehabt. Gleichzeitig werden jedoch Millionen in immer aufwendigere Gebäude und Werke gesteckt. Bei Kunstwerken sehe ich das sogar bis zu einem bestimmten Punkt ein, denn um die Kunst geht es schließlich. Bei der Rechnung „Gebäude gegen Mitarbeiter“ geht es dann aber nicht mehr für mich auf. Und es spielt am Ende keine Rolle, ob wir von einem neuen Museumsbau oder von der Elbphilharmonie reden. Die finanziellen Mittel für die Menschen, die das Rad am Laufen halten, sollten mindestens einen ebenso großen Stellenwert einnehmen wie die Objekte.

Und ich möchte das Fass der Volontariate hier gar nicht erst aufmachen. Dazu empfehle ich einen Blick auf die Artikel von Angelika bei Musermeku, die sich seit Jahren für das Thema einsetzt und nicht müde wird auf die leidigen Zustände hinzuweisen.

Gerade streiken die Erzieherinnen wieder medienwirksam in Deutschland. Jedes Mal wenn das passiert, fallen mir die vielen Menschen ein, die ich aus meiner heißgeliebten Kulturblase kenne, die weniger verdienen als eine Erzieherin oder gerade in ihrem Volontariat stecken, obwohl sie nicht nur studiert haben, sondern auch promoviert sind. Aber wir Kunsthistoriker/Geisteswissenschaftler streiken nicht. Gerne denke ich in diesen Momentan auch an den Verwaltungsleiter, der mir einmal sagte, mit meiner Einstellung (= der Anspruch einer fairen Bezahlung) würde ich im „schwarzen Loch der Arbeitslosigkeit“ landen als Kunsthistorikerin.

Am Ende führt die Diskrepanz in den Budgets der Häuser konkret dazu, dass an vielen nicht nachhaltig gearbeitet wird. Da kommen und gehen Mitarbeiter im zweijährigen Rhythmus oder haben sechs monatige Projektverträge. An vielen Institutionen gibt es zwar gar nicht so kleine Budgets, aber trotzdem keine (festangestellten, unbefristeten) Mitarbeiter oder eben nur Volontäre oder mehr Volontäre als feste Mitarbeiter. Mangelnde Bezahlung ist ein Zeichen von mangelnder Wertschätzung und mangelnder Anerkennung. Und ja, Geld alleine macht nicht glücklich. Und ja, Arbeiten in der Kulturbranche macht unglaublich viel Spaß und bereichert das eigene Leben ungemein. Weswegen ich mir auch ein Leben ohne Kunst oder Kultur niemals vorstellen könnte und großen Respekt vor jedem habe, der sich mit den Abstrichen arrangiert, die man machen muss, aber ich kümmere mich dann auch mal um meine Rente.

Weitere lesenswerte Blogartikel zur Aktion gibt es bei Wera Wecker, Indira Kaffer und Katja Marek.

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#K20K21digital | Die digitale Strategie der Kunstsammlung NRW

Am 20. Mai luden Dr. Marion Ackermann, Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und Alissa Krusch, Bereichsleiterin Digitale Kommunikation, zur Präsentation und zum Expertengespräch nach Düsseldorf ein, um die neue digitale Strategie der Kunstsammlung vorzustellen. Leider konnte ich an diesem Tag nicht dabei sein, aber ich wurde im Anschluss mit umfassendem Material versorgt und habe das Gespräch auf Twitter verfolgt. Dabei waren unter anderem Anke von Heyl, Ute Vogel und Kai Schwichtenberg. Drei Kulturblogger, die ich sehr schätze und deren Beiträge sehr lesenswert sind. Anke hat zudem bereits einen Beitrag zum Gespräch geschrieben.

Für das Thema digitale Strategien in Museen lohnt sich auch ein Blick auf den Blog von Christian Gries, der dort die Entwicklung immer wieder thematisiert und im Netz unter dem Hashtag #DigSMus sammelt und teilt.

Das vierte Haus der Kunstsammlung

Die neue digitale Strategie der Kunstsammlung NRW, die über die letzten zwei Jahre entwickelt wurde, wird als viertes Haus der Kunstsammlung bezeichnet. Eine Metapher, die ich sehr schön finde, denn in der Tat kann die digitale Präsenz zu einem weiteren Raum einer Institution werden. Ähnlich hat auch die Tate in London ihre digitale Strategie im Jahr 2013 vorgestellt.

Insgesamt fünf Grundpfeiler hat die Kunstsammlung NRW für ihre digitale Strategie zusammengefasst, mit denen ich mich im Folgenden der Reihe nach auseinandersetze:

1. Entsprechend ihrer Grundhaltung entwickelt die Kunstsammlung eine digitale Präsentation von besonderer Qualität. Dabei kommuniziert sie im internationalen Maßstab und betont die Qualität ihrer Sammlung wie der Expertise der Wissenschaft, Bildung und Kommunikation. Dies führt zum zentralen Ansatz der Strategie, Inhalte nicht nach Algorithmen, sondern „kuratiert“ – d.h. vermittelt mit dem Blick eines Kurators als kompetentem Wegweiser – anzubieten. Der Fokus des Auftritts wird auf die bleibenden Aspekte der Sammlung gelegt.

Die neue Präsentation von besonderer Qualität besteht zunächst in einem Relaunch der Webseite und soll in der vollständigen Digitalisierung der Sammlung (2700 Werke) bis Ende 2017 gipfeln. Die Startseite der neuen Webseite soll dabei jedem Nutzer einen zielgruppenspezifischen, leichten Einstieg in die Angebote der Kunstsammlung bieten. Ebenso sollen hier alle digitalen Kanäle zusammenlaufen und mehrsprachig wird es sein. Gesehen wird die Seite eher als Portal denn als reguläre Webseite. Tagesaktuell sollen hier in Zukunft Informations-, Service- und Vermittlungsangebote präsentiert werden sowie eine umfassende Mediathek vorhanden sein. Optisch wird das ganze auf die bestehenden Print- und Digitalmedien des Hauses abgestimmt. Ehrgeiziges Ziel ist es außerdem bis zur Digitalisierung der Sammlung auch Bildungsprojekte und digitale Touren anzubieten, die in die Sammlung hineinführen.

Gleich dieser erste Grundpfeiler lässt erkennen, dass sich die Mitarbeiter der Kunstsammlung viel vorgenommen haben. Der Anspruch ist groß. Ich finde das ziemlich gut, frage mich allerdings, ob all diese Ziele auf einer Seite Platz finden können. Das in Zielgruppen gedacht wird ist ein guter Anfang, ob man wirklich jeden mit einer Seite auf die richtige Weise ansprechen kann, halt ich für schwer umsetzbar. Hier könnten Chatbot-Technologien zum Einsatz kommen, die immer besser werden.

Knapp eine halbe Million Besucher hat die Webseite jedes Jahr. Etwa 100.000 mehr als das Haus real besuchen. Für diese eine Plattform zu schaffen macht durchaus Sinn. Mich hätte jetzt allerdings noch interessiert wer die digitalen Besucher sind. Eher Frauen oder Männer? Welche Altersgruppen? Aus welchen Ländern? Soviel Einblick gibt’s dann leider doch noch nicht. Auf Twitter wurde erwähnt, dass bei der Entwicklung mit Personas gearbeitet wird, das finde ich äußerst spannend und würde gerne wissen, welche Zielgruppen am Ende wirklich bedacht werden. Da der Dialog nun eröffnet ist, gibt es dazu ja vielleicht in der Zukunft mehr.

Dem „Kurator als kompetenten Wegweiser“ stehe ich skeptisch gegenüber, klingt es für mich doch sehr nach Elfenbeinturm. Da wird man die Umsetzung abwarten müssen. Vielleicht zeigt es auch nur eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Internet, die es noch an so vielen deutschen Häusern gibt.

2. Grundsätzlich liegt auf der ästhetisch-grafischen Gestaltung der digitalen Medien und der Erfahrbarkeit der Sinnlichkeit des Kunstwerkes ein besonderer Wert. Auch mit dem digitalen Neubau lebt die Kunstsammlung die Nähe zu den Künstlern. Gerade diese nutzen den digitalen Raum für überraschende, radikale, ganz eigene künstlerische Umsetzungen. Künstlerinnen und Künstler der Sammlung und des Ausstellungsprogramms sind eingeladen, den digitalen Raum für ihre Projekte künstlerisch zu nutzen.

Nah an der Kunst soll es sein, die für das Haus im Mittelpunkt steht. Ein verständlicher Ansatz, dennoch finde ich es schwierig bei der Konzeption einer Plattform für viele Zielgruppen von der Kunst und den Künstlern aus zu denken. Meiner Meinung nach sollte gerade in einem öffentlichen Haus der Mensch an erster Stelle stehen. Zeitgenössischen Künstlern eine Plattform zu bieten ist großartig und sollte ein Teil davon sein, auch sie sind ja eine Ziel- oder Anspruchsgruppe.

Ein ähnliches Projekt hat das ZKM übrigens vor einigen Jahren mit AOYS verwirklicht. Jedoch scheint mir dort das Problem, dass zwar der Kunst eine gute Plattform geboten wird, die Usability aber zu kurz kommt. Auch habe ich dort immer ein umfassendes Marketing vermisst.

Auch die Kunstsammlungen täten gut daran ihre digitalen Tätigkeiten mehr zu bewerben. Es gab bereits zwei Ausstellungsapps (2011 und 2014), die irgendwie untergingen im Tagesgeschäft. Das ist zu schade, immerhin steckt immer sehr viel Arbeit in solchen Angeboten.

Bereits bestehend und in Zukunft weiterhin ergänzend soll das Blogazine number32 funktionieren. Ich bin kein großer Fan des Designs, aber die Inhalte sind hervorragend und es ist sehr lesenswert. Das Magazin weiterhin zu füllen und ergänzend zu digitalen, künstlerischen Interventionen auszubauen, finde ich sehr schön und freue mich drauf. Im Sinne des Dialoges, der in der Strategie so betont wird, würde ich mir dort allerdings eine Kommentarfunktion wünschen.

3. Die Medienspezifik des Digitalen ist ein weiterer Grundpfeiler der strategischen Positionierung: Die digitalen Mittel für erhellende Visualisierungen zu nutzen, neue Sichtweisen zu gewinnen und gerade die komplexeren Verknüpfungen und Verbindungen der Kunstgeschichte anschaulich werden zu lassen, sind die wesentlichen Ziele der digitalen Erweiterung. Zudem werden mit hochaufgelösten digitalen Bildern neue Wahrnehmungsebenen von Kunstwerken ermöglicht. Die Inhalte sollen mit aktuellen Aspekten der Gesellschaft verknüpft werden.

Jedes Werk der Sammlung soll hochauflösend jedem frei zur Verfügung stehen. Das ist wichtig im Sinne des Museumsauftrages der Zugänglichmachung von Kunst und gehört in jede zeitgemäße Strategie. Wer ein digitales Haus bauen möchte, kann diesen Punkt eigentlich gar nicht außen vor lassen. Spannend finde ich das Ziel, dass hier sowohl Wissenschaftler als auch reguläre Besucher einen individuellen Zugang finden sollen. Bewusst möchte man sich auch von anderen Projekten wie dem Rijksstudio oder der digitalen Sammlung des Städel abheben und etwas ganz Neues präsentieren. Mehr wurde dazu leider noch nicht bekanntgegeben. Ich hoffe hier wird es Beta-Tests mit verschiedenen Zielgruppen geben. Gerade bei digitalen Sammlungen, die einige tausend Werke umfassen, sollte Wert auf die Nutzbarkeit gelegt werden. Das Rijksstudio ist für mich bis heute eine der gelungensten Ansätze in diesem Bereich, leider kommen die Inhalte etwas zu kurz, da der Fokus auf der Kreativität der Nutzer liegt. Immer mehr Häuser stellen ihre Sammlungen online, eine Lösung, die mir richtig gut gefällt habe ich noch nicht gesehen, deshalb freue ich mich sehr darauf, was die Kunstsammlungen uns nächstes Jahr präsentieren werden.

4. Gemäß ihres Auftrages, sich grundsätzlich – angesichts eines immer
diversifizierteren Publikums – an alle Menschen zu richten, verfolgt die Kunstsammlung einen konsequenten Ansatz der Individualisierung von Zugängen. Dabei geht sie auf spezifische Voraussetzungen des Gegenübers ein, handelt inklusiv, serviceorientiert und verschränkt die Erfahrungen von digitalen und realen Besuchern des Hauses.

Hier kommt endlich an vierter Stelle der Punkt der Usability. Wie bereits erwähnt, sollte das meiner Meinung nach an erster Stelle stehen, aber es ist da und das ist erstmal die Hauptsache. Allerdings finde ich den Vorsatz alle Menschen zu erreichen wirklich schwer umsetzbar. Als Idealziel ist es nichtsdestotrotz bewundernswert.  Serviceorientiert, leicht zugänglich, inklusiv und das konsequent gedacht. Da ist auf jeden Fall noch einiges zu tun. Bisher glänzt der Auftritt der Kunstsammlung nicht gerade durch Usability und leichte Zugänge.

Mich würde an dieser Stelle auch besonders interessieren, ob intensiv ausgewertet wurde, wie die Webseite und die anderen Kanäle momentan genutzt werden und wie das Besucherverhalten dort ist. Ich persönlich würde mir die Seite etwas übersichtlicher wünschen. Das die Seite in Zukunft mobilfähig wird ist ein guter Anfang. Das macht das große Ziel alles für jeden auf die Seite zu bringen aber auch nicht einfacher, nicht alles was auf dem Desktop funktioniert, macht auf dem Smartphone noch Sinn. Auch hier bin ich auf die Lösungen gespannt.

5. Der digitale Neubau der Kunstsammlung soll ein öffentlicher Schutzraum sein, eine Plattform für Austausch und Forschung mit einer explizit globalen Perspektive. Gesellschaftliche, politische und ethische Fragen werden reflektiert und Haltung dazu bezogen, etwa bei der aktuellen Debatte über die Zukunft des Urheberrechts.

Dieser fünfte und bisher letzte Punkt hat mich am meisten begeistert. Haltung zeigen und Debatten führen, fehlt mir oft an vielen Häusern. Gerade Institutionen, die zeitgenössische Kunst zeigen, sollten auch die gesellschaftlichen Probleme diskutieren, die oft in der Kunst reflektiert werden.

Ebenso finde ich es aus Perspektive des Bildungsauftrages von öffentlichen Häusern heutzutage unerlässlich Position zu beziehen und den Menschen Orientierung zu geben.

Zudem ist es wirklich überfällig, dass ein Haus sich öffentlich in der Bildrechte-Debatte engagiert. Alle Beteiligten leiden ja unter den Auflagen der VG-Bild Kunst und unter den Unsicherheiten, die das nicht auf das Internet ausgerichtete, deutsche Urheberrecht verursacht. Bisher hilft man sich irgendwie mit Fotoverboten oder man beißt in den sauren Apfel und zahlt die horrenden Gebühren, um den Besuchern das Fotografieren zu erlauben. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Die Kunstsammlung will in Zukunft auch digital eng mit den Künstlern zusammenarbeiten und dazu gehört auch mehr Kunst für Besucherfotos zugänglich zu machen. Wenn die Kunstsammlung es schafft, hier einen sinnvollen öffentlichen Dialog mit allen Beteiligten zu führen, hätten sie es wirklich geschafft digital als Vorreiter etwas zu bewegen!

Mein Fazit

Alles in allem klingt die digitale Strategie der Kunstsammlung NRW ziemlich gut und auf die Umsetzung bin ich sehr gespannt. Dass man sich dort jetzt schon als Vorreiter bezeichnet ist mir allerdings etwas zuviel, das lässt sich wohl erst entscheiden, wenn es richtig los geht.  Ebenso bleibt abzuwarten wie sich das Ganze entwickelt, wenn Marion Ackermann weg ist, hängt der Wert des Digitalen doch auch sehr an der Leitung eines Hauses.

Einen Dialog einzuläuten finde ich fantastisch und bin gespannt wie dieser nun weiter geht und sich entwickelt. Das Expertengespräch war sicher nur der Anfang. Bis die Sammlung Ende 2017 vollständig digitalisiert ist, gibt es noch viel Zeit sich mit verschiedenen Gruppen auszutauschen und zu sehen wo die Reise wirklich hingeht.

Was mir bisher fehlt ist das Thema ‚user generated content‘. Es soll kuratiert werden, Künstler sollen den Raum nutzen, aber der Besucher scheint keine Inhalte beisteuern zu dürfen. Jede digitale Plattform lebt am Ende des Tages nur durch ihre Nutzer und deren Verhalten. An dieser Stelle kann auf jeden Fall noch nachgebessert werden.

Besonders herausragend finde ich auch gar nicht so sehr die angestrebten Inhalte, sondern vor allem dass der digitalen Strategie soviel Gewicht gegeben wird. In Deutschland ja noch immer eine Seltenheit. Und damit möchte ich nicht sagen, dass Museen hier keine Strategien haben, auch wenn einige den Anschein machen, aber die wenigstens haben diese bisher so offensiv nach außen kommuniziert und gezeigt wie wichtig ihnen das ist. Da fallen mir das Städel, die Pinakotheken, das Historische Museum Frankfurt und das Marta Herford ein. Eine doch recht überschaubare Zahl. Und nun eben die Kunstsammlung NRW. Anders ist hier auf jeden Fall der Dialog der nun geführt werden soll. Ich hoffe er findet wirklich statt und ermöglicht den einzelnen Zielgruppen aktiv an den neuen Angeboten mitzuwirken.

 

Ein herzliches Dankeschön an die Kunstsammlung NRW für die Einladung und das Bereitstellen des ganzen Materials!

Museumsblog vs Ausstellungskatalog | Ein Interview mit Dr. Mahret Kupka

Im November war ich zu einer Blogger-Reise nach Frankfurt eingeladen. Initiiert vom Historischen Museum lag der Fokus am Ende auf Architektur.  Verständlich,  da am Museumsufer in Frankfurt auf einer Megabaustelle ein neuer, aufwendiger Gebäudekomplex entsteht. Aber lassen wir die Architektur an dieser Stelle beiseite, das wird in diesem Leben sicher nicht mehr mein Blogthema.

Eines meiner Highlights dieses Wochenendes war der Besuch im Museum für Angewandte Kunst. Hier war ich vorher noch nicht gewesen und noch dazu lief eine Ausstellung über zeitgenössische Modefilme, die übrigens bis Ende Januar noch zu sehen ist. Ich habe mir also an dieser Stelle die einzige kleine Freiheit des Wochenendes (straffes Programm!) raus genommen und habe statt einer weiteren Architekturführung die Ausstellung angeschaut.

Im Anschluss habe ich direkt nach „dem Katalog“ gefragt und musste feststellen, dass es diesmal keinen gibt, sondern einen Ausstellungsblog. Das ist jetzt keineswegs der erste seiner Art, aber doch ein spannendes Experiment. Bisher kannte ich nur Blogs zu Ausstellungen, wo ebenfalls ein Katalog vorhanden war. Naja und den klassischen Museumsblog gibt es ja ohnehin schon eine Weile, dieser sollte aber langfristig und ausstellungsunabhängig funktionieren. Das MAK hat keinen regulären Blog und durch verschiedene Widrigkeiten leider auch noch kein WLAN im Haus. Überhaupt habe ich das Museum digital bisher im guten Mittelfeld gesehen und dann gibt es tatsächlich einen Ausstellungsblog. 

Nun ist es kein Geheimnis, dass die Kuratorin für Mode des MAK Mahret Kupka früher eine bekannte Modebloggerin war, aber da das eine nicht wie das andere ist, habe ich direkt bei ihr nachgefragt wie der Blog zustande kam und welche Ziele damit verfolgt werden.

Ihr habt Euch entschieden statt eines Katalogs einen Blog zur Ausstellung „Mode bewegt Bild. The Fashion Film Effect“ zu schreiben. Wie ist es dazu gekommen und welche Ziele verfolgt Ihr mit dem Blog?

Ich finde es sehr schwierig über Filme zu sprechen, ohne sie auch zu zeigen . In gedruckter Form ist das nicht möglich. Zur Verdeutlichung der Thesen, werden immer Screenshots gezeigt in der Hoffnung, dass der Leser den Film entweder kennt oder ihn sich später ansehen wird. Schreibt man etwas online, kann man direkt zu dem bewegten Bild verlinken, oder es in den Beitrag direkt einbinden. Insofern basiert die Entscheidung in erster Linie auf sehr pragmatischen Gründen.

Das ist aber noch kein Argument für ein Blog, schließlich hätte es auch ein Online-Katalog werden können. Das ist wieder zum Teil eine persönliche Entscheidung. Ich mag nicht an Katalogen, die schon vor der Ausstellung fertig sind, dass sie nie die Ausstellung selbst abbilden. Sie sind meist theoretische Reflexion, Darlegung der These und Vorstellen der einzelnen künstlerischen Positionen. Die Architektur der Ausstellung, die Resonanz der Besucher oder vielleicht auch die Dokumentation von Rahmenveranstaltungen – was meiner Meinung nach alles zu einer Ausstellung dazugehört – können aus zeitlichen und organisatorischen Gründen nur selten abgebildet werden. Zudem kann es ja auch sein, dass sich im Laufe der Ausstellung etwas Spannendes ergeben hat, was wichtig für das Thema der Ausstellung ist. All das kann so nicht abgebildet werden.

Ich sehe mit einem Blog eine Möglichkeit diese Kritikpunkte zu umgehen. Ich kann aktuelle Dinge vorstellen – das Internet verändert sich dauernd, somit ist es nur konsequent ein ebenso vielseitiges, bewegliches Medium zu wählen. Zudem stellen die Exponate in der Ausstellung nur einen sehr kleinen Teil der vorhandenen Filme dar. Das Blog bietet die Möglichkeit noch mehr Filme zu zeigen und mit den gezeigten Exponaten in Beziehung zu bringen. Logisch wäre es dann, vielleicht im Anschluss an die Ausstellung eine Dokumentation zu publizieren. Diese könnte dann auch theoretisch fundierter sein, ein Lesebuch sozusagen. Ein Blog während der Ausstellung, der zusätzlich auch den Prozess des Aufbaus zeigt, die Ausstellung selbst und Rahmenveranstaltungen plus eine Dokumentation NACH der Ausstellung ist für mich eine gute Möglichkeit einer Ausstellung wie dieser Nachhaltigkeit über die reine Ausstellungsdauer hinaus zu ermöglichen.

Ich persönlich bin ja ein großer Fan von guten Katalogen. Was sind deiner Meinung nach die Vorzüge eines Ausstellungsblogs gegenüber einem Katalog?

Das ist keine für mich einfach zu beantwortende Frage, weil es ein wenig so ist, wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Ein Blog ist nicht pauschal Ersatz für einen Katalog oder das eine besser als das andere. Es kommt auch immer darauf an, worum es in der Ausstellung geht. Die Publikation muss Sinn machen. Ich würde nie einen Katalog machen, nur um einen Katalog zu machen. Zudem ist auch wichtig zu klären, was unter einem Katalog zu verstehen ist. Für mich als Ausstellungsmacherin ist nicht nur der Inhalt der Show wichtig, sondern auch wie dieser Inhalt vermittelt wird. Und wenn ein Katalog zur Eröffnung fertig ist, so kann das gar nicht darin vorkommen. Besonders während meines Studiums u.a. der kuratorischen Praxis war das immer sehr ärgerlich. Da gibt es einen Katalog zur Ausstellung aber selten etwas über die Ausstellung. Das musste man sich mühsam aus Pressetexten und der Berichterstattung zusammenbasteln. Ich finde das gehört alles in einen Katalog. Wo dann die Vorzüge eines Blogs sind, liegt auf der Hand. Wobei ich aber nie einen Blog zu jeder Ausstellung machen würde. Es muss einfach inhaltlich passen. Bei „Mode Bewegt Bild“ machte es einfach Sinn.

Einen Katalog oder ein Buch zur Ausstellung kann man ja auch gerne noch Monate nach der Ausstellung publizieren. Wieso das immer vorher fertig sein muss, entspringt auch ein bisschen einer marktwirtschaftlichen Logik. Ich finde das nicht praktikabel und wissenschaftlich nachhaltig. Ein Katalog darf gerne auch ein schönes Buch sein, aber sollte unbedingt wichtigen Mehrwert bieten und damit deutlich mehr sein als eine schöne Künstlermonografie oder ein Bildband, denn um solche zu publizieren braucht es nicht unbedingt eine Ausstellung.

Unterscheiden sich die Blogtexte im Gegensatz zum „typischen“ Katalogtext?

Auf jeden Fall. Im Netz ist das Leserverhalten ja ein ganz anderes. Das muss sich schon anpassen. Klar gibt es jetzt auf dem Blog auch mal einen längeren theoretischeren Text, aber im Großen und Ganzen sind die Beiträge kleine knappe Texte, die auf ein neues Video eines beteiligten Künstlers hinweisen oder mal ein knappes Interview. Ich finde das muss sich anpassen. Ein Blog ersetzt ja nicht einfach so einen Katalog, sondern ist einfach ein anderes Medium. Das mal geeigneter und mal weniger geeignet ist, den Inhalt zu vermitteln.

Blogs haben, wenn keine Beiträge mehr erscheinen, eine begrenzte Halbwertszeit. In wie fern werden die Texte und Ergebnisse dauerhaft, über den Ausstellungszeitraum hinaus, zugänglich gemacht?

Die Pflege des Blogs endet mit der Ausstellungsdauer. Das war uns von Beginn an klar, weil darüber hinaus andere Themen hier im Haus anstehen und einfach niemand mehr das Blog ordentlich pflegen könnte. Es ist denkbar, dass die Texte allesamt in eine Dokumentation münden. Das Blog wird sicher noch so eine Weile stehen bleiben. Ich finde aber nicht, dass das bis in alle Ewigkeit so sein muss. Ich habe noch keine für mich befriedigende Lösung zum Thema Online-Archiv gefunden.

Als ich in der Ausstellung war, sind mir keine Hinweise zum Blog aufgefallen. Auf welche Art habt Ihr die Besucher auf das Angebot aufmerksam gemacht?

Auf das Blog wird eingangs in der Ausstellungs-Agenda hingewiesen. Zudem steht die Adresse auch auf dem ausliegenden Booklet und auf der Einladung zur Ausstellung und dem Flyer stand es auch. Vielleicht muss man künftig darüber nachdenken, wie man das noch deutlicher machen kann.

Bei Ausstellungen werden oft Zahlen ins Feld geführt. In wie weit spielen Leser- und Zugriffszahlen für eure Erfolgsbewertung des Blogs eine Rolle?

Wieder eine Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt. Wenn niemand das Blog liest, dann kann es noch so gut sein, es nützt nur eben nicht so viel. Und Besucherzahlen sagen wenig über die Qualität des Inhalts bzw. des Besuchs aus. Mittlerweile kann man da ja schon sehr viel messen, aber inwiefern jetzt die Beiträge des Blogs bei den Lesern irgendwas Nachhaltiges angestoßen haben, sagt eine Zahl auch nicht aus.

In allererster Linie ist mein persönliches Gefühl ein Erfolgsmaßstab. Finde ich, dass eine Ausstellung rund ist, dass alles Sinn macht und dass der gewünschte Inhalt auch bei den Interessierten halbwegs gut ankommt, dann ist es für mich ein Erfolg. Was nützt es, wenn tausende von Besuchern kommen aber niemand versteht, worum es eigentlich geht? Ist das dann ein Erfolg? Besucherzahlen sind sehr trügerisch. Es ist nicht selten vorgekommen, dass etwas erst sehr viel später in der Rezeption seine Relevanz zeigen konnte, als die Ausstellung lief, interessierte es niemanden.

Mir ist bei dieser Ausstellung zunächst mal wichtig, dass überhaupt etwas Neues gewagt wird. Ich habe nicht erwartet, dass das Blog Besucherrekorde bricht. Dazu ist die Tatsache, dass man sowas auch mal machen könnte, beim traditionellen Ausstellungsbesucher noch gar nicht angekommen. Niemand schaut im Booklet als erstes nach der Adresse des Ausstellungsblogs, weil sowas schlichtweg nicht erwartet wird. Allerdings rennen alle gleich in den Museumsshop und suchen nach dem Katalog. Der wird ja auch nicht auf jedem Faltblatt zur Ausstellung angepriesen. Es ist eben Standard, dass es ein Buch gibt. Ein Blog ist noch etwas Besonderes.

Ebenso wird das bisher noch wenig gefördert, sodass es schon sehr mühsam werden kann ein Blog ordentlich zu pflegen. Allen ist klar, dass ein Katalog eine Redaktion braucht, Autoren, Lektoren etc. Ein Blog ist für viele noch so ein Nebenbei-Ding, das man mal eben so schreibt. Aber das ist natürlich komplett falsch gedacht. Ein Blog ist eben nicht einfach ein kostengünstiger Katalog-Ersatz. Wer das aber so sieht und entsprechend bearbeitet, bekommt dann schlechte Zahlen und sieht das als Indiz dafür, dass Blogs nichts funktionieren. Richtig ist allein, das schlechte Blogs nicht funktionieren. Das Blog zu „Mode Bewegt Bild“ ist neben den bereits erwähnten Gründen auch ein Experiment. Ein Erfolg ist es dann, wenn ich merke, dass das Blog auch wirklich gelesen wird. Wenn ich z.B. eine Email von einem Kollegen aus Berlin bekomme, der sich freut, dass ich eine ehemalige Kollegin aus London auf dem Blog interviewt habe und ich gar nicht damit gerechnet hatte, dass er überhaupt von dem Blog wusste.

Auch wenn die Ausstellung noch läuft und ein abschließendes Fazit sicher noch schwierig ist, kannst du dir vorstellen in Zukunft öfter einen Blog und seltener einen Katalog zu einer Ausstellung zu machen?

Nein. Wie schon gesagt, pauschal ersetzt das eine nicht das andere. Es muss einfach thematisch Sinn machen. Blog plus Dokumentation hinterher ist meine Wunschvariante. Das ist aber auch immer eine Frage des Budgets und der Organisation. Dazu müssten manche in Museen sehr eingefahrene Strukturen aufgebrochen und neu gedacht werden.

Du hattest vor deiner Zeit als Kuratorin lange einen erfolgreichen Mode-Blog und kennst die Szene. Welchen Stellenwert haben soziale Medien und Blogs für deine Arbeit und das Museum?

Zu Beginn meiner Tätigkeit hier hatte ich noch ein Blog, das ich als Blick hinter die Kulissen der Arbeit einer Kuratorin verstand. Es stellte auch ein bisschen den Übergang von mir als Modebloggerin zur Kuratorin dar, zumindest was den Teil der öffentlichen Wahrnehmung betrifft. Irgendwann ist das eingeschlafen.

Das hat sehr viel damit zu tun, dass dieses permanente Denken nach außen, was ich als Bloggerin total internalisiert habe, im klassischen Museumsbetrieb einfach nicht vorkommt. Eine Ausstellung oder eine Publikation ist eine Setzung nach Außen. Den Prozess auch sichtbar zu machen, ist   nicht üblich, bzw. war es bisher nicht. Das Bedürfnis diesen zu zeigen, eben auch wie Thesen zustande kommen oder die Idee zu einer Ausstellung entsteht, ist nie weg gewesen, so dass ich mich entschieden habe, wieder mehr zu bloggen. Ich habe meinen alten Tumblr reanimiert. Dieser ist bewusst sehr persönlich gehalten und im ersten Beitrag seit langem erkläre ich auch ausführlich worum es mir damit geht.

Das Bloggen dient damit als Offenlegung von Entscheidungsprozessen und in diesem Punkt trifft sich das mit meiner Überzeugung, dass ein Museum auch in der Pflicht ist, diese Prozesse zu erläutern. Warum ist eine Sammlung wie beschaffen, warum werden diese Objekte angekauft und andere nicht. Was sind die Auswahlkriterien. Insofern ist die Nutzung sozialer Medien nicht Bespaßung eines jungen Publikums, sondern Ausdruck eines In-der-Zeit-Seins. Diese Offenlegung ist das, was gerne als Demokratisierung bezeichnet wird. Ein höchst missverständlicher Begriff, weil es nicht darum geht, dass jetzt jeder irgendwie überall mitbestimmen darf, sondern dass vor allem die Entscheidungsträger aufgefordert sind, ihre Entscheidungen zu legitimieren. Man muss nichts mehr einfach so hinnehmen, sondern kann solange Warum fragen, bis eine befriedigende Antwort kommt. Ebenso sind die Entscheidungsträger aufgefordert ihre Entscheidungen permanent zu reflektieren. Und das finde ich wichtig und gut. Das ist die Essenz, die soziale Medien für mich ausmacht. Und diese sind keine vorübergehende Modeerscheinung sondern haben unser Sein und die Sicht auf die Dinge nachhaltig verändert.

Es ist nicht so, dass das hier am Museum großartig anders gesehen wird. Nur ist das Museum generell eine Institution mit langer Tradition und strenger Hierarchie. Selbst wenn die Positionen von den lockersten, weltoffensten Menschen besetzt wären, so gibt es noch den institutionellen Rahmen, den man kaum mal eben durchbrechen kann. Wie reden hier von Stechkarten, Beamten, öffentlichem Dienst, förmlichen Dienstreiseanträgen und Amtsjuristen und Häusern, in denen es teilweise nicht einmal WLAN für die Mitarbeiter gibt,  geschweige denn für das Museum. Da müssen an ganz anderen Stellen erstmal Kämpfe ausgefochten werden. Privat ein Blog über die eigene Arbeit am Museum zu führen, braucht eine große Portion Leidenschaft und auch Risikobereitschaft. Ein solches Blog, dienstlich zu stemmen ist unter den gegebenen Umständen fast nicht umsetzbar.

Möchtest du in Zukunft mehr mit Bloggern, Instagrammern und Co. arbeiten? Plant ihr konkrete Events für die digitale Community?

Jein. Also natürlich freue ich mich sehr, wenn unsere Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mehr solcher Treffen und Events organisiert. Und sicher ist es auch wichtig, wenn die Kuratoren das in ihrer Arbeit mit berücksichtigen und entsprechend mit im Budget einplanen, falls möglich. Doch ich kann das nicht leisten. Denn meine Hauptaufgabe liegt hier am Haus woanders. Aber ich bin immer wieder sehr gerne bereit da gemeinsam etwas zu entwickeln.

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten und das Zeit nehmen!

Ein ganz großes Dankeschön geht zudem  an Julia Quedzuweit aus dem MAK, die eine tolle Reisebegleitung in Frankfurt war und dieses Interview erst möglich gemacht hat!

#BesucherMacht | Digitale Besucherbeteiligung an einer Ausstellung

Das Marta Herford ruft zur Blogparade #BesucherMacht und natürlich möchte ich meine ehemaligen Kollegen gerne in ihrem Anliegen unterstützen. Ein halbes Jahr bin ich nun schon im Verlag und bekomme langsam wieder einen Blick von außen auf das Museum, das ich selbst vier Jahre lang auf dem steinigen Weg ins Netz begleitet habe. Da ich dem Thema meines Blogs treu bleibe, habe ich mich entschieden mir die Microsite des Museums zur kommenden Ausstellung „Paarweise“ einmal genauer anzuschauen. Diese und das dahinter stehende Konzept ist auch Ausgangspunkt der Blogparade. Trotz meiner engen Verbundenheit mit dem Haus ist das hier, wie gewohnt, kein Flauschbeitrag, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit dem Projekt. Darüber hinaus passt er auch gut zur aktuellen Debatte zum Status Quo der Museen im Netz, zu der Anke von Heyl und Angelika Schoder gerade sehr gute Beiträge geschrieben haben. Wobei ich mich entschieden habe, hier exemplarisch ein Projekt auf seine Tauglichkeit und seinen Nutzen zu betrachten und keinen allgemeinen Beitrag zu schreiben. Da würde ich gerade einfach kein Ende finden.

Die Microsite – Ausgangspunkt der Blogparade

Ausgangspunkt der Blogparade #BesucherMacht ist die kommende Ausstellung „Paarweise“ mit Werken der Sammlung Marta, die im Voraus mit einer Microsite vorbereitet wird, auf der Besucher Kunst-Paare für die Ausstellung vorschlagen können. Mit ein bisschen Glück werden diese sogar zu sehen sein. Das Museum selbst beschreibt die Aktion folgendermaßen:

Im Vorfeld unserer Sammlungsschau „Paarweise – Neue Werke in der Sammlung Marta“ entschied sich das Team unserer Ausstellungsmacher dazu, einen Schritt weiter zu gehen: In der Präsentation der Neuzugänge werden Teile der auswählenden und deutenden Macht vom kuratorischen Team an die BesucherInnen abgegeben. Als ein adäquater Ort erschien das Digitale. Hier sind die Beteiligten weder räumlich noch zeitlich gebunden, hier ist die Teilnahme einem breiten Spektrum an Beteiligten möglich.

Auf einer eigens eingerichteten Internetseite können Paare aus den neu angekauften Werken der Sammlung Marta gebildet werden. Zusammen mit einem Text, der die eigene Wahl nachvollziehbar macht, werden diese anschließend an uns geschickt. Mit kuratorischem Geschick und etwas Glück findet sich dann das eigene Paar in der Ausstellung ab dem 22. November wieder. Aber auch die Paare und Ideen Anderer bieten in der Ausstellung Raum für Reflexion und neue Sichtweisen. Vor dem Hintergrund dieser Planung fanden im Marta Herford viele interne Diskussionen und leidenschaftliche Debatten über das Thema Partizipation statt. Diesen Diskurs öffnen wir nun, um auch Eure Meinungen, Ansichten und Ideen dazu kennenzulernen. (Quelle: Aufruf zur Blogparade auf dem Marta Blog)

Wie das Hashtag vermuten lässt, wird die Öffnung der kuratorischen Arbeit also als Machtaufgabe betrachtet, die den Kuratoren wohl nicht leicht gefallen ist. Zumindest deutet die Ankündigung darauf hin. Doch was passiert wirklich auf der Seite, wie viel Macht hat der Besucher hier und in wie fern handelt es sich hierbei um ein innovatives Projekt?

Wie innovativ ist die Microsite wirklich?

Als ich das erste Mal von der Seite gehört habe, war ich schwer beeindruckt. Erinnere ich mich doch noch an die Diskussionen der ersten Stunde als es um Fragen ging wie „Müssen wir wirklich ins Netz?“, „Wollen wir wirklich Aufbau-Bilder zeigen“, „Wie viel Blicke hinter die Kulissen dürfen wir zulassen?“. Das war lange vor dem Blog, lange vor Youtube und ganz sicher lange bevor das Bewusstsein dafür geschaffen war, das der digitale Raum eine Erweiterung der Museumsarbeit ist. Für mich ist das Marta Herford eines der wenigen Häuser, das diese Erkenntnis verinnerlicht hat und lebt natürlich auch von einem Direktor, der immer ganz vorne mit dabei ist, dabei aber nie die Fähigkeit verloren hat Dinge zu hinterfragen. Das gleiche gilt für die großen „Leuchttürme“ wie das Städel in Frankfurt. Auch dort liegt vieles sicher daran, dass der Direktor genug Platz und Wertschätzung für den digitalen Raum lässt und gute Ideen einfordert. Eine Tatsache, die für mich mindestens genauso wichtig ist, wie eine gute Strategie. Ohne den Rückhalt vom Chef kann man wenig bewirken.

Paarweise_Screenshot
Startbildschirm der Microsite

Nachdem ich mir die Microsite genauer angeschaut habe, bin ich leider etwas enttäuscht. Hier haben sehr offensichtlich die Kuratoren etwas ausgeheckt. Eine Beteiligung der Kunstvermittlung und Kommunikationsabteilung kann ich mir kaum vorstellen. Das Design ist modern und auf das Wesentliche beschränkt. Ebenso ist die Seite responsiv. Beides sind für mich obligatorische Voraussetzungen in der heutigen Zeit, also kein Grund für ausufernden Jubel. Insgesamt 24 Werke stehen zur Auswahl für eine Paarbildung. Tippt man ein Kunstwerk an, öffnet sich die Auswahl-Maske, in die zwei Werke eingefügt werden können. Gemeinsam mit einem persönlichen Text, kann man diese dann an die Kuratoren mailen.

Screenshot der Microsite mit Auswahl und Kontaktformular.
Screenshot der Microsite mit Auswahl und Kontaktformular.

Bei der Anordnung der Werke fiel mir sofort auf, dass diese sehr suggestiv ist. Es werden Werke nebeneinander gezeigt, die wahrscheinlich als Paare geplant sind. Zumindest ist das mein Eindruck. Zu den Werken erhält man außer dem Titel und Künstler leider keinerlei Information. Weder Jahr noch Maße, weder Material noch weiterführenden Text. Das finde ich etwas wenig, wenn man davon ausgehen darf, dass nicht jeder mit der Sammlung vertraut ist. Hier wird also auf eine rein visuelle Auswahl gesetzt, ein Ansatz den man kaum als Kuratieren verstehen kann. Weiß ich doch aus Erfahrung, dass Kuratoren nicht einfach nur nach persönlichem visuellen Gusto Entscheidungen treffen, sondern teils heftig und intensiv diskutieren was in eine Ausstellung gehört. An dieser Stelle wurde meiner Meinung nach eine Chance verspielt, den Besuchern, die Werke im Vorfeld der Ausstellung näher zu bringen.

Sharing is Caring – Wo ist bloß die Interaktivität geblieben?

Die Funktionen der Seite habe ich leider bereits alle zusammengefasst. Leider, weil das eben heißt, dass die Idee des Social Webs und der Interaktivität irgendwie auf der Strecke geblieben sind. Ich war am Anfang so begeistert von der Seite, weil ich sie mir direkt interaktiv vorgestellt habe. Ich meine, wie schön wäre es, wenn jeder, der mitmacht, sein Wunschpaar in seinen sozialen Netzwerken teilen könnte. Wenn jeder sagen könnte „Schaut her, ich habe ein Paar ausgesucht! Wir müssen bald alle in die Ausstellung und sehen ob es hängt!“. Wie spannend wäre eine Galerie aus bereits erstellten Paaren, die man kommentieren und liken könnte. Die es ermöglichen würde, sich mit anderen auszutauschen. Und ganz verrückt – wie progressiv wäre es, wenn es jetzt schon eine Wand im Museum gäbe, auf der die täglichen Besucher sehen könnten, was da gerade im Netz passiert.

Mein Fazit

Leider haben die Kuratoren ihre Macht noch nicht so richtig aufgeben können. Die Idee, die Besucher teilhaben zu lassen und einzuladen, mitzubestimmen, welche Werke in die Sammlungsausstellung kommen, ist meiner Meinung nach eine großartige Idee. Besonders bei einer Sammlungsschau, deren Werke normalerweise im Marta Depot der Öffentlichkeit verschlossen bleiben, hätte mich interessiert, welche Werke die Menschen sehen wollen und auf was sie nicht verzichten möchten. Auch dafür eine Microsite einzurichten statt einer aufwendigen, werbewirksamen App finde ich weitsichtig und richtig. Für eine Lebensdauer von vier Monaten braucht es nicht mehr als eine Unterseite auf der eigenen Homepage.

Trotzdem finde ich die Aktion nicht gelungen, da sie weder die lebendige Community berücksichtigt, die das Marta tatsächlich als eine der wenigen Institutionen hat, noch wird zugelassen, dass man seine Aktivitäten teilen kann. Da sitzen jetzt also die Kuratoren und bekommen lauter Emails, die sie sichten müssen. Wahrscheinlich wäre eine übersichtliche Seite mit den Einreichungen sogar weniger Arbeit gewesen. Vielleicht sollten Kuratoren (und zwar alle, egal in welchem Museum) Besucherbeteiligung nicht als Kontrollverlust und Machtaufgabe betrachten, sondern als erfrischenden Austausch, der neue Blickwinkel ermöglichen kann. Durch das Internet hat ohnehin jeder die Möglichkeit ständig in Echtzeit Rückmeldungen zu geben, warum diese nicht einmal nachhaltig und sinnvoll kanalisieren und für die eigene Arbeit nutzbar machen. Den unmündigen Besucher von früher, der maximal einen Kommentar im Gästebuch hinterlassen konnte, gibt es nicht mehr.

Auch das Zusammenspiel der unterschiedlichen Abteilungen und damit Blickrichtungen ist unerlässlich für ein gutes Ergebnis. Dies scheint mir ebenfalls zu kurz gekommen zu sein. Hier hätten die Komunikationsprofis und Vermittler sicher noch wichtige Hinweise geben können. Ein Punkt auf den Anke in ihrem Artikel übrigens ausführlich eingeht.

So wichtig mir Kritik und Auseinandersetzung sind, so schmerzhaft war es diesen Beitrag zu schreiben, fühle ich mich doch immer noch sehr verbunden mit dem Marta. Jedoch finde ich es wichtig, gerade die Aktionen zu hinterfragen, die von Museen gemacht werden, die sehr weit vorne im Netz sind und damit auch eine Vorbildfunktion für andere Häuser einnehmen. Zudem möchte ich mit einem großen Lob abschließen. Denn meine ehemaligen Kollegen sind in der Lage mit Kritik umzugehen, diese auch ernsthaft zu besprechen und für die Zukunft mitzunehmen. Auf dem richtigen Weg sind sie digital ohnehin schon lange.

 

Dieser Beitrag entstand nicht im Auftrag des Marta Herford und steht auch in keinster Weise in Zusammenhang mit meiner ehemaligen Tätigkeit dort.

#KulturBlogger United | Statement zu erfolgreichen Kooperationen mit Institutionen

Ein Gruppenbeitrag von Angelika Schoder, Wera Wecker und mir.

Die Kulturblogger-Szene ist klein. Wir kennen uns fast alle persönlich und stehen über die sozialen Netzwerke in engem Kontakt und Austausch. Auf diesem Wege erfahren wir oft schnell von den Kooperationsanfragen und Einladungen zu Bloggerreisen. Es zeigt es sich immer wieder, dass Kooperationen und Einladungen für viele Institutionen noch neu sind. Dabei passieren natürlich auch immer wieder Pannen oder Missverständnisse. Wie man aus solchen lernen kann, hat Angelika exemplarisch an der Kunsthalle Karlsruhe in diesem Artikel festgehalten. Michelle hat in diesem Beitrag zudem erste Schritte für Blogger Relations zusammengefasst und Wera hat für Kulturinstitutionen bereits einen Leitfaden geschrieben.

Pannen sind menschlich und wir erwarten keine Perfektion, da wir selbst nicht perfekt sind. Bloggen ist bei den meisten von uns eine Leidenschaft, wir brennen für unsere Themen, sonst würden wir nicht so viel Zeit investieren. Bei einigen Anfragen zu Kooperationen, wie etwa Bloggerreisen, fällt uns jedoch auf, dass immer wieder ähnliche Fehler gemacht werden. Darum haben wir uns nun dazu entschieden, in diesem Beitrag Anregungen und Hilfestellungen zu geben, wie man als Institution auf Blogger zugehen kann, damit in Zukunft einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen der Kulturblogger-Szene und den Museen nichts mehr im Wege steht.

Wir nennen weder Namen noch Häuser, aber aufgeführte Beispiele sind tatsächlich geschehen. Wir würden uns freuen, wenn wir zu einer besseren Kommunikation beitragen können und möchten jedes Haus dazu ermutigen, den Schritt in Richtung Blogger-Relations zu wagen und vielleicht auch eine Reise für Blogger anzubieten.

Diesen Artikel haben wir zu dritt verfasst, Angelika, Wera und ich. Wir hoffen, dass er wächst und sich weitere Blogger anschließen. Jeder, der diesen Beitrag als in seinem Sinne empfindet, ist eingeladen sich via Kommentar oder in einem eigenen Beitrag anzuschließen.

Aber nun zu den Tipps für interessierte Institutionen.

Das Anschreiben

Eine persönliche Ansprache ist das A und O in der Kommunikation. Blogger-Relations funktionieren anders als die klassische Presseansprache. Blogger wünschen sich eine individuelle Ansprache. Da in der Regel eine erste Kontaktaufnahme per E-Mail erfolgt, sollte man zu einer höflichen und vor allem namentlichen Anrede tendieren, wobei das „Sie“ immer eine gute Wahl ist. In den sozialen Netzwerken ist das wieder anders. Jedes Medium funktioniert nach eigenen Regeln. Sollten Sie die Blogger bereits kennen, steht einem “Du” selten etwas im Wege.

Tipp: Starten Sie eine Kontaktaufnahme lieber zu förmlich als zu informell.

Die Zusammenarbeit mit Bloggern ist eine Win-Win-Situation für alle und sollte direkt am Anfang bereits mit gegenseitigem Respekt beginnen. Viele von uns haben studiert, mancher sogar promoviert, sind berufstätig und ebenfalls vom Fach. Gerade das sollte nicht vergessen werden. Und ein Kunsthistoriker, der selbst in einem Museum arbeitet, ist selten begeistert von Sätzen wie “und bei der Veranstaltung können Sie dann auch direkt sehen, wie ein Kurator so seine Recherche gemacht hat”. Schnell entsteht auf diese Art der Eindruck, dass Sie sich nicht mit uns und unseren Blogs auseinandergesetzt haben, sondern nur mit dem Fakt, dass unsere Blogs eine gewisse Bekanntheit erreicht haben.

Die Auswahl

Es gibt eine überschaubare Zahl an Kulturbloggern, aber wir sind doch zu viele, um eine feste Liste für Events darzustellen. Jeder von uns hat bestimmte Schwerpunkte und Themen über die er schreibt. Kooperationsanfragen, die damit nichts zu tun haben, bringen unsere Blogs nicht voran und die  Institution ebenso wenig, denn an jedem Thema und Blog hängt eine individuelle Leserschaft. Das gilt im übrigen für alle Blogs.Überlegen Sie von Beginn der Planung an, welche Ziele die Reise hat, welche Themen Sie bedienen und während der Reise aufgreifen und welche Blogger dazu passen könnten. Fragen Sie gerne nach Media-Kits und Lesern, wenn Sie eine bestimmte Zielgruppe erreichen möchten.

Tipp: Laden Sie sich ruhig eine bunte Mischung von Bloggern ein. Schauen Sie ebenfalls über den Tellerrand! 

Viele Reisen können dadurch bereichert werden, dass zusätzlich Architektur-, Reise- oder Lifestyle-Blogger eingeladen werden. Manche Kultur-Blogger pflegen zum Teil auch mehrere Blogs und es lohnt sich, eine kleine Recherche zu starten, zu welchem Blog die eigene Kooperationsanfrage am besten passen würde. Es gibt keine größere Enttäuschung vor Ort, wenn Blog und Event nicht zusammen passen. Keiner von uns dreien wird sicher vergessen, wie eine uns bekannte Foto-Bloggerin mit einem Fotoverbot konfrontiert wurde. Sie konnte also nicht über das Event berichten und hat im Prinzip ihre Zeit verschwendet.

Achtung: Es wäre eine Fehlannahme zu denken: „Die hat aber doch ein exklusives Event besucht.“ Wie fänden Sie es denn, wenn man Ihnen Ihre Traumschuhe in der falschen Größe schicken würde, um Ihnen dann zu sagen: „Freuen Sie sich doch, immerhin haben Sie nun tolle Schuhe zu Hause.“?

Die Kostenfalle

Die traurige Wahrheit ist, wie alles im Leben kosten Blogger-Relations Geld. Besonders Bloggerreisen sind ein teurer Spaß für jede Institution, deshalb sind wir jedes mal sehr begeistert, wenn dieses Abenteuer gewagt wird. Reisen sind die Königsklasse der Blogger-Relations und keineswegs muss gleich damit begonnen werden.

Tipp: Machen Sie im Vorfeld kleine Events und lernen Sie örtliche Blogger kennen.

Die Blogger, die im eigenen Ort wohnen, können Ihnen regelmäßig wunderbaren Content liefern. Pflegen Sie im Vorfeld diese Beziehungen, bevor Sie direkt mit einer Reise mit Bloggern aus ganz Deutschland starten.

Wenn eine Reise geplant werden soll, lohnt sicher auch ein Anruf bei einer anderen Institution, die bereits erfolgreich ein solches Event organisiert hat. Selbstverständlich kann man auch einen Blogger seiner Wahl kontaktieren und sich erkundigen oder diesen sogar mit der Planung beauftragen. Wenn eine Reise geplant wird, sollte man sich jedenfalls im Klaren darüber sein, dass sämtliche Kosten übernommen werden müssen. Die Aufgabe der Blogger ist, das Event in den Sozialen Medien zu begleiten und darüber zu berichten. Die Aufgabe der Institution ist die Organisation, die Betreuung und die Übernahme der Kosten. Selbst wenn wir Honorare beiseitelassen, die im Allgemeinen nicht unüblich sind, müssen auf jeden Fall die Fahrten, die Unterkünfte und die Verpflegung gewährleistet sein. Wir bloggen aus Leidenschaft. Für Reisen nehmen wir uns mitunter Urlaub und bringen viel Zeit mit. Nicht nur während des Events, sondern auch im Anschluss, wenn wir unsere Fotos bearbeiten und die Beiträge schreiben. Der Aufwand, der hinter Kulturblogs steht, wird häufig unterschätzt. Hätten Sie gedacht, dass hinter jedem Blogbeitrag mehrere Arbeitsstunden bis zu mehreren Tagen stehen? Stellen Sie sicher, dass zu diesem hohen Zeitaufwand nicht zusätzlich ein finanzieller Aufwand entsteht.

Fairness

Fairness ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. In einer so kleinen Szene kennen sich die meisten Blogger untereinander und tauschen sich aus. Wenn Sie Blogger hier zu unterschiedlichen Konditionen einladen, spricht sich das schnell herum und sorgt für Unmut bei denjenigen, die benachteiligt werden.

Tipp: Bieten Sie Bloggern die gleichen Konditionen.

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen einzelnen Blogs, sowohl was Qualität als auch Quantität und Reichweite der Beiträge angeht. Hinter jedem Blog steht aber eine Person, die diesen mit Liebe führt und pflegt. Das verdient Respekt und Fairness.

Wenn Sie 10 Blogger einladen, aber nur 4 Bloggern eine Kostenerstattung anbieten, spricht sich das schnell herum. Laden Sie in einem solchen Fall besser weniger Blogger ein und konzentrieren sich zusätzlich auf lokale Blogger, die keine Anreisekosten haben. Alles andere ist zutiefst unfair. Langfristig wirft es auch ein sehr schlechtes Bild auf eine Institution.

Hinweis: Wir verpflichten uns dazu, Kooperationen und bezahlte Beiträge auf unseren Blogs zu kennzeichnen. Wir sind der Auffassung: Jedwede Kostenübernahme seitens einer Institution sollte gekennzeichnet werden! Wir möchten jeden Verdacht von Schleichwerbung ausräumen. Darüber hinaus steht die Szene ohnehin für Transparenz. Ob ein Beitrag im Rahmen einer Kooperation entstand, ist wichtig für unsere Leser. Keiner von uns setzt für eine kleine Reise seinen guten Ruf aufs Spiel. Und ohne den würden Sie uns auch nicht einladen.

Wir wissen, Blogger Relations sind nicht ganz einfach und es gibt vieles zu beachten. Wer aber den Schritt wagt, kann ein wichtiges Netzwerk bauen und viele neue Möglichkeiten entdecken, um ein Projekt auf kreative Art zu fördern und bekannt zu machen.

In diesem Sinne empfehlen wir Ihnen auch die verlinkten Beiträge zum Thema und freuen uns auf die kommenden Events.

Beitragsbild: Impression vom Instameet in Hamburg (Oktober 2015), fotografiert von Angelika Schoder.

 

#BloggerFuerFluechtlinge | Das „Social Web“ wird richtig laut

Seit nun etwas mehr als einer Woche gibt es die Initiative Blogger für Flüchtlinge, ins Leben gerufen von Nico LummaStevan PaulKarla Paul und Paul Huizing. Es wurden bereits über 80.000 € Spenden (Stand: 31.08.15, 19 Uhr) gesammelt, die über betterplace.org transparent an Initiativen verteilt werden. Ich war eine der ersten 100 in der Facebook-Gruppe (mittlerweile sind es weit über 1000), in der wir uns austauschen und trotzdem habe ich lange an diesem Post gesessen und es nicht wie so viele andere geschafft, letzte Woche bereits einen Post zu veröffentlichen. Ich könnte das jetzt auf meinen vollen Terminplan schieben oder auf die anderen Blogs für die ich Beiträge geschrieben habe, aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Ich habe viel getwittert, Beiträge anderer Blogger geteilt und jedem, der es hören wollte (oder nicht) von der Initiative erzählt. Ich habe zudem mit einer anderen Bloggerin zahlreiche Fashion Blogger angeschrieben, ob sie nicht mitmachen wollen. Zeit war also da. Energie eigentlich auch. Trotzdem ist mir noch nie ein Blogbeitrag so schwer gefallen. Das erste Mal in meiner Zeit als aktive Bloggerin fehlen mir angesichts des braunen Terrors und dem andauernden Elend die Worte. Mein Blog mag eher unpolitisch daherkommen, aber ich habe mich schon immer für Verschiedenes engagiert. Privat. Nicht öffentlich. So halten das sicherlich viele Menschen. Doch die Initiative Blogger für Flüchtlinge ruft zu Recht dazu auf, dass wir laut werden und das Netz mit positiven Botschaften fluten, dass wir teilen was wir tun und fordern, dass man allen Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, mit Menschlichkeit begegnet. Auch denen, die wir nicht dauerhaft aufnehmen werden. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Warum ich die Initiative unterstütze und warum ich hoffe, dass auch Institutionen sich mit ihren Blogs beteiligen, versuche ich in den folgen Zeilen mal einigermaßen geordnet aufzuschreiben.

Das Netz sollte ein sozialer Ort sein, nicht rechtsradikal!

Ich bin nicht nur beruflich ein großer Fan des Social Web und seiner vielen Möglichkeiten, doch wenn ich sehe wie diese Möglichkeiten von rechtsradikalen Gruppen genutzt werden, um sich zu versammeln und zu Angriffen auf Flüchtlingsheime aufzurufen, zweifle ich an der Menschlichkeit dieses Landes bzw. des ganzen Kontinents. Mir scheint, dass sich die Politik viel zu sehr darum bemüht Zäune zu bauen und Menschen schneller abzuschieben. Der Umgang mit den Menschen, die ein Bleiberecht haben und auch mit all denen, die versuchen eines zu bekommen, scheint mir nicht im Vordergrund zu stehen. Hinzu kommen viele Menschen, die den Eindruck wecken wir werden demnächst „überflutet“ und aus unserer eigenen Kultur vertrieben. Das kann und will ich so nicht stehen lassen. Das Netz sollte ein sozialer Raum sein! Daran müssen wir alle arbeiten. Das heißt volksverhetzende Aufrufe nicht nur zu melden, sondern bei der Polizei anzuzeigen. Das heißt, dass wir gemeinsam unsere Stimme erheben und sagen, dass wir für Menschenrechte und Menschlichkeit einstehen und diese für unsere Gesellschaft einfordern. Das heißt, dass wir erwachsen mit Ängsten umgehen und Ausländerfeindlichkeit keine Plattform bieten.

Weil Flucht niemals „einfach“ ist

Ich kenne Menschen, die hierher gekommen sind, weil in ihrem Land täglich Bomben vom Himmel fallen und ich kenne nicht einen, dem diese Entscheidung leicht gefallen ist. Niemand lässt seine Heimat, sein Hab und Gut und seine vertraute Umgebung und Kultur hinter sich, um über eine Todesroute ins Ungewisse zu ziehen. Wer das ernsthaft glaubt, hat wohl noch nie wirklich nachgedacht. In dieser Debatte höre ich auch immer wieder viele Märchen zum Zweiten Weltkrieg und der Zeit davor und danach. Und ich finde es wirklich schlimm wie verklärt die Geschichte mittlerweile von manchen dargestellt wird. Warum zum Beispiel Juden damals nicht „einfach“ das Land verlassen haben, hat Juna ganz wunderbar auf ihrem Blog beschrieben. Ein wunderbarer Post, nur traurig, dass man sowas nochmal klar stellen muss. Ähnliche Verklärungen gibt es auch über die Zeit nachdem Zweiten Weltkrieg. Da wird glorreich beschrieben wie Deutschland seine Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Gebieten aufnahm und alle Hand in Hand das Land wieder aufbauten. Wie unruhig die Zeiten sind, sehe ich besonders daran, dass meine Oma das erste Mal in ihrem Leben das Bedürfnis hat, mir vom Krieg zu erzählen. Ihr ganzes Leben lang hat sie ihre Erfahrungen für sich behalten. Heute regt sie sich so sehr über die rechte Gewalt gegen Flüchtlinge auf, dass sie den Drang hat von ihren eigenen Erfahrungen zu sprechen. Aufgewachsen ist sie in Danzig und als sie acht Jahre alt war und der Krieg verloren, ist sie mit ihrer Mutter zu Fuß geflüchtet bzw. zuerst auf einem Boot und dann zu Fuß über das Eis und bis nach Nordrhein-Westfalen. Mit offenen Armen, wie das gerne dargestellt wird, wurden sie nicht empfangen und Helfen oder Abgeben wollten erst recht die wenigsten. Gerettet hat sie am Ende, dass es eben schon immer Menschen gegeben hat, die denen geholfen haben, die es nötig hatten. Hätte es die nicht gegeben, würde ich wohl heute ganz sicher nicht diesen Beitrag veröffentlichen. Auch deshalb möchte ich zu denen gehören, die den Unterschied machen und hoffe, dass wir am Ende des Tages die breite Masse sind und nicht die Ausnahmen.

Es übersteigt meine Vorstellungskraft bei Weitem auch nur annähernd zu verstehen was Menschen auf der Flucht durchmachen müssen und finde schon den Versuch so furchtbar, dass ich Gänsehaut bekomme. Meine Oma war damals noch ein Kind und auch heute sind viele Kinder und Jugendliche unter den Flüchtlingen, die hier ankommen, wie unter denen die auf dem Weg umgekommen sind. Es übersteigt noch viel mehr meine Vorstellungskraft wie man sich dem Elend verschließen kann und einfach behauptet, das wäre nicht unser Problem. Wir leben in einer globalisierten Welt und sind ein reiches Land, ein Land, in dem mal eben 75 Mil. Euro für den Transfer eines einzigen Fußballspielers bezahlt werden können, da werden wir jawohl denen Hilfe geben können, die sie sonst nirgendwo bekommen.

Gegen Vorurteile kämpfen

Auch in meinem näheren Umfeld begegnen mir immer wieder Vorurteile. Oft nur kleine, aber dennoch. Wie schnell können kleine Vorurteile groß werden und außer Kontrolle geraten. Wer Flüchtlingen ein Handy neidet, der denkt in Statussymbolen und nicht an die Notwendigkeit den Verwandten zu sagen, dass man überlebt hat oder Fotos der eigenen Kinder zu retten! Aber der Spiegel hat gängige Vorurteile in diesem wunderbaren Video viel besser zusammengefasst als ich das an dieser Stelle könnte.

Ein wichtiges Ziel bei Blogger für Flüchtlinge ist es auch, Menschen aufzuklären und Vorurteile abzubauen. Je mehr dazu beitragen, desto besser!

Ich möchte in einer offenen Welt leben

Seit ich klein bin, bin ich viel gereist und „leide“ auch heute permanent unter Fernweh. Ich möchte dabei aber nicht in einer Welt leben, in der ich Freizügigkeit und offene Grenzen erlebe und andere Menschen hinter Stacheldraht stehen. Ich möchte in einer offenen Welt leben, in der Glaube und Religion friedlich ausgelebt werden können und Menschen sich gegenseitig ihre Kulturen näher bringen und offen füreinander sind. Ich war in armen und in reichen Ländern, doch überall habe ich Gastfreundschaft und Herzlichkeit erlebt. Eine Welt, die ihre Grenzen und Mauern wieder aufbaut, ist mein persönlicher Alptraum. Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede und nicht jede Hürde kann ohne Weiteres überwunden werden, aber warum wehren wir uns so sehr dagegen gemeinsam am Wohlstand und dem Miteinander einer Weltgemeinschaft zu arbeiten. Europa war mal so ein wunderbarer Ansatz, der Grundgedanke war auf jeden Fall der richtige und zu diesem sollten wir zurückkehren.

Wir sollten den Menschen, die zu uns kommen eine Chance geben. Die Chance, die jeder bekommt, der das Glück hatte hier geboren zu sein, was alleine mal keine Leistung ist, sondern ein Glücksfall. Alle Menschen, die ich kenne, die hierher gekommen sind, wollten arbeiten und sich eine Existenz aufbauen. Ich kenne keinen einzigen, der sich heute, einige Jahre nach seiner Flucht, auf dem Sozialsystem ausruht. Leider können wir keine Nazis gegen Flüchtlinge eintauschen, wir können aber klar machen, das in einem funktionierenden, demokratischen, weltoffenen Land kein Platz für Fremdenhass ist. Dafür kann jeder etwas tun! Es beginnt schon indem Moment, indem man Stammtisch-Gerede keinen Platz im Freundeskreis einräumt.

Meine Freunde sollen auf der Straße keine Angst haben müssen

Ich habe Freunde aus der ganzen Welt. Vielen leben hier, weil sie hier arbeiten oder bereits hier studiert haben. Dabei sind Menschen, die aus dem Iran, Ägypten oder Indien kommen. Nicht alle von ihnen sind als Flüchtlinge her gekommen, manche einfach, weil sie hier eine gute berufliche Perspektive haben. Nun bekommen einige von ihnen langsam Sorgen in Deutschland nachts auf die Straße zu gehen, weil sie bereits angepöbelt wurden. Doch auch viele kleine Momente im Alltag lassen mich manchmal daran zweifeln, ob wir ein so freundliches Land sind. Das sind die Momente, wenn Freunde von mir sich anhören müssen, dass sie so gut deutsch sprechen, als wäre das nicht zu erwarten, wenn jemand einen dunkleren Teint besitzt. Oder die Überraschung, wenn einer von ihnen sich als an einer deutschen Uni promoviert zu erkennen gibt. Vorurteile und latente Ausländerfeindlichkeit begegnen einem täglich und viel zu lange wurde das in der Breite mit Stillschweigen quittiert. Es wird Zeit, dass wir das ändern und ehrlich sagen „Refugees Welcome“ – Deutschland ist ein buntes und offenes Land.

Das hier waren nur einige Punkte warum ich mich der Initiative Blogger für Flüchtlinge angeschlossen habe! Demnächst, habe ich mir fest vorgenommen, über mein Engagement für Flüchtlinge hier direkt vor Ort zu schreiben und meine konkreten Erfahrungen zu teilen. Vermutlich wird mir das wieder schwer fallen, aber auch das ist etwas was wir angesichts der Übergriffe und Nachrichtenlage lernen müssen, aus unserer Komfortzone kommen und uns für andere einsetzen!

Das wünsche ich mir besonders auch von den deutschen Kulturinstitutionen. Wenn es bereits einen Blog gibt, sollte der genutzt werden, aber auch auf einer Website kann man natürlich einen Beitrag einbauen. Viele engagieren sich ja vor Ort, es ist Zeit darauf aufmerksam zu machen. Institutionen haben einen Bildungsauftrag, der selten so wichtig war wie heute!

Wer sich engagieren möchte, kann sich auf der Website informieren und/oder hier spenden. Lasst uns gemeinsam laut und sichtbar sein!

Blogger Relations | 6 Basics für erfolgreiche Kooperationen

Heute folgt nun endlich der zweite Teil meiner Grundlagen für erfolgreiche Blogger Relations. Im ersten Teil ging es darum, was meiner Meinung nach aus Blogger-Sicht von Institutionen und Firmen berücksichtigt werden sollte, wenn mit Bloggern dauerhaft kooperiert werden soll. Nun hat alles im Leben zwei Seiten und wenn eine Zusammenarbeit nachhaltig und erfolgreich sein soll, gibt es natürlich auch Grundlegendes, das man als Blogger beherzigen sollte. Selbstverständlich ist es nicht das Ziel jedes Bloggers kommerzielle Kooperationen einzugehen, geschweige denn hauptberuflich zu bloggen. Trotzdem tritt man natürlich, wenn der Blog frei zugänglich ist, in die digitale Öffentlichkeit und sollte sich dessen auch bewusst sein. Wenn man aber regelmäßig über Ausstellungen, Produkte, Bücher, Events oder Fashion schreiben möchte, sollte man das ein oder andere beherzigen. Den ersten Post habe ich aus Sicht eines Bloggers geschrieben, heute möchte ich versuchen aus der Sicht des Unternehmens/Museums zu schreiben, als jemand der Blogger betreut und regelmäßig sowohl Anfragen bekommt als auch solche stellt. Immer wieder merke ich in Gruppen, in denen ich mich mit anderen Bloggern austausche große Unsicherheiten und natürlich auch eine große Bandbreite an Erfolgen einzelner Blogger. Manchmal scheint mir, dass es nur an Kleinigkeiten liegt, warum der eine erfolgreicher ist als der andere. Natürlich nicht nur, aber auch. Vor allem, wenn man kommerzielle Kooperationen eingehen möchte, sollte man die folgenden Punkte auf jeden Fall berücksichtigen. Jeder muss natürlich seinen eigenen Weg gehen und jeder Blog ist anders, aber hier geht es erstmal nur um Basics, die eigentlich für Fashion- genauso relevant ist wie für Kulturblogger. Dieser Posts ist keineswegs erschöpfend oder gar ausreichend, wenn man erfolgreich sein möchte. Basics in rechtlichen Fragen etc. muss man sich auf jeden Fall auch aneignen. Und natürlich freue ich mich wie immer, über Erweiterungen und Hinweise, was möglicherweise fehlt oder auch noch dringend beachtet werden sollte. Natürlich sind das hier auch meine individuellen Erfahrungen, da gibt’s bestimmt noch mehr hinzuzufügen.

Gleichzeitig ist dieser Post auch als kleine Hilfe für Kollegen gedacht, die sich an manchen Tagen fragen, was man eigentlich bei so einer Zusammenarbeit mit Bloggern vom Gegenüber erwarten darf.

Immer schön höflich bleiben

Bereits in meinem ersten Post für Unternehmen und Institutionen habe ich auf den richtigen Umgang mit Mails etc. hingewiesen. Das gleiche gilt natürlich auch für Blogger. Wenn man mit offiziellen Vertretern eines Unternehmens Kontakt aufnimmt oder eine Anfrage erhält, tauscht man keine Mails mit seinen Freunden aus. Ein förmliches Sie sollte zunächst immer benutzt werden. Nun merke ich auch oft, dass man als Blogger einfach geduzt wird, das heißt aber noch nicht, dass man das mitmachen muss. Wie im Berufsleben zeigt sich, dass eine professionelle Sprache und Ansprache manchmal Gold wert ist. Denkt darüber nach welche Zielgruppe Ihr habt und wie Ihr von Unternehmen wahrgenommen werden wollt. Es macht einen großen Unterschied ob man eine Email mit „Hi“ oder „Hey Du“ beginnt oder mit „Guten Tag“ oder „Sehr geehrte(r)…“. Am Ende darf das natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ich finde es aber einfach höflicher. Die Emailadresse sollte natürlich auch professionell sein und auf den Blog verweisen und nicht „sexyMietze48“ im Namen führen 😉

Noch wichtiger ist das Berufen auf die allgemeine Höflichkeit natürlich, wenn mal etwas nicht so läuft wie es soll. Als Blogger hat man im Idealfall ein mächtiges Organ mit seinem Blog. Macht sollte man aber immer mit Bedacht ausüben. Nur weil man eine unverschämte Anfrage bekommt, muss man diese nicht auf dem gleichen Niveau beantworten. Legt Euch eine Standardvorlage zurecht für die 100. Email à la „Wir haben hier einen tollen Müsliriegel. Wenn wir Ihnen einen zuschicken, erwarten wir als Gegenleistung einen 900 Wörter Post!“. Nicht aufregen, höfliche Antwort hinschicken und fertig. Tut keinem Weh und zeigt dem jeweiligen Unternehmen im Zweifel, dass man mit Bloggern so nicht umgehen kann. Sollte ein Event völlig schief gelaufen sein, fragt erstmal höflich nach wie das sein kann. Gebt konstruktive Kritik und Vorschläge was anders hätte laufen müssen. Und bitte schreibt nicht sofort einen Verriss auf dem Blog. Vielleicht war etwas nicht beabsichtigt und das Unternehmen ist sogar dankbar für Eure Hinweise. Und am Ende des Tages hat man ja immer noch die Möglichkeit einfach gar nichts zu schreiben. Macht weniger Arbeit und sieht im Zweifel auch für Euch besser aus. Und jedem von uns passieren mal Fehler im Leben, die meisten Probleme lassen sich im persönlichen Austausch am besten klären.

Die Kunst Danke zu sagen

Das gehört natürlich auch irgendwie mit zum Thema Höflichkeit im Umgang. Dieses Thema ist mir aber so wichtig, dass ich ihm gerne einen eigenen Abschnitt widmen möchte. Ich bin selbst immer die erste, die sich beschwert, wenn ein Unternehmen/Museum meine Beiträge nicht teilt, nicht kommentiert oder überhaupt scheinbar nicht wertschätzt, selbst wenn ich eingeladen war. Das gleiche gilt natürlich auch andersherum. Wenn ich wirklich hervorragend betreut worden bin und die andere Seite ganz wunderbar war, dann verschicke ich ganz altmodisch eine Danke-Karte. Das mache ich übrigens auch, wenn erst was schief ging, dann aber sehr viel Zeit investiert worden ist, um es wieder gut zu machen. Wir sind alle nur Menschen. Als Blogger sind wir oft auch in einer privilegierten Situation, wir dürfen auf Eröffnungen, zu Events, bekommen Dinge gratis, die wir wollen (manchmal auch nicht) und werden im großen und ganzen meist sehr gut umsorgt. Das sollte man zu schätzen wissen. Danke-Karten sind im anglo-amerikanischen Bereich übrigens verbreiteter. Eine altmodische, handgeschriebene Karte ist in heutigen Zeiten auch einfach etwas besonderes und kann zum Ausdruck bringen, dass man sich ebenfalls die Zeit genommen hat Danke zu sagen. Eine Email ist natürlich auch eine Möglichkeit, die ich ebenfalls meistens benutze, aber manchmal möchte, dass mein Danke mehr ist als eine Email, die dann im Nirvana des Alltäglichen verschwindet. Richtige Karten kann ich Euch nur ans Herz legen, die kommen wirklich gut an.

Professionalisiert Euch

Neben einem guten Umgang und der Kunst Danke zu sagen, sollte man sich als Blogger auch allgemein professionalisieren. Dazu gehört auch eine eigene Emailadresse für den Blog. Das geht bei einem guten Website-Design weiter. Heute gibt es für jede Plattform und jedes CMS so unendlich viele gute kostenfreie oder günstige Templates, die man installieren kann, das mir völlig unklar ist, warum es immer noch so viele Blogs in 90er-Jahre Optik gibt. Wenn ich eine Anfrage von einem Blogger bekomme und es kaum ertragen kann die Seite anzuschauen, weil ganz viel blinkt und springt oder einfliegt, dann bin ich mit einer Kooperation zurückhaltend. Für mich als Unternehmensvertreter steht immer die Frage im Raum und an erster Stelle, wer sind die Leser und kann ich die Beiträge später guten Gewissens über meine Kanäle teilen. Auch die Frage ob die Optik zum Stil des Unternehmens passt, spielt bei meinen Antworten und auch bei meiner Blogger-Auswahl eine große Rolle. Dabei sollte aber auch keine andere Seite kopiert worden sein, einfach einigermaßen zeitgemäß und passend zum jeweiligen Thema sollte es sein. Und natürlich responsiv!

Ganz wichtige Basisausstattung für jeden Blogger sind zudem Visitenkarten. Man könnte denken, dass wäre auch altmodisch, aber nach wie vor sind Visitenkarten das A und O des professionellen Umgangs. Ich trage zum Beispiel ständig drei unterschiedliche mit mir herum. Eine für diesen Blog (schließt meine Beratungs- und Schulungstätigkeiten ein), eine für MuseumLifestyle und natürlich eine vom Verlag. In meinem Filofax habe ich außerdem Hüllen mit allen Visitenkarten wichtiger Kontakte, die ich so in den letzten Jahren gesammelt habe. Visitenkarten haben den großen Vorteil, dass man seine Kontakte schnell wiederfindet, auch wenn man den Ansprechpartner vielleicht nicht mehr weiß. In meinem mobilen Adressbuch wäre ich aufgeschmissen, wenn ich nicht mehr wüsste wie der Nachname des Ansprechpartners war oder die Mailadresse. Darüber hinaus haben Visitenkarten den großen Vorteil, das sie etwas über Euch und euren Blog erzählen können. Vom Papier über das Design bis hin zur gesamten Qualität kann eine Visitenkarte darüber entscheiden, ob Euch ein Unternehmensvertreter interessant findet. Eine Visitenkarte ist Eure Handschrift im Kleinformat, deshalb sollte in die Auswahl Zeit investiert werden. Am besten ist es natürlich Ihr habt ein eigenes Blog-Logo, das auf eine Seite gedruckt werden kann. Ein Logo ist auf Dauer auch ein wichtiger Wiedererkennungswert. Wenn Ihr im Lifestylebereich unterwegs seid, kommt Ihr auf keinen Fall drum herum. Aber auch hier heißt das oberste Gebot Professionalität. Bastelt auf keinen Fall selbst irgendwas, wenn Ihr von Typographie und Design nichts versteht. Schaut Euch im Bekanntenkreis um, ob es jemanden gibt, der Euch helfen kann!

Zur Professionalität gehört natürlich auch eine gewisse Qualität. Gute Texte ohne Rechtschreibfehler und hochwertige Fotos sind mittlerweile ein unbedingtes Muss für jeden Blog. Die Zeiten der verwackelten Handyfotos sind vorbei! Schaut Euch mal richtig erfolgreiche Blogger an, die meisten arbeiten mit Fotografen zusammen. Natürlich kann sich das gerade am Anfang kein Mensch leisten. Einfach nehmen, geht natürlich auch gar nicht. Auch bei Unternehmen gibt es immer weitere Rechtinhaber und die Nutzung von Fotomaterial muss unbedingt immer vorher abgeklärt werden! Man sollte sich auf jeden Fall eine gute Kompakt- oder Spiegelreflexkamera besorgen und Basics in Photoshop oder anderen Bildbearbeitungsprogrammen sollte man sich ebenso zulegen. Selbst für Instagram reichen verwackelte Handybilder nicht aus. Damit lockt man keine Sponsoren oder Kooperationspartner an. Auf den meisten Blogs begegnen mir auch wirklich gute Bilder, oft sind aber die Texte nicht so toll. Natürlich zählt immer um welches Produkt es geht und auch die Textlänge ist mir erstmal egal, aber wenn jeder Satz grammatikalisch eine Zumutung und die Rechtschreibung mangelhaft ist, dann kommt für mich eine Zusammenarbeit schon nicht mehr in Frage, auch nicht bei den tollsten Bildern. Auch der Inhalt muss stimmen. Wenn Ihr unsicher seid, besorgt Euch am besten jemanden der Korrektur liest. Das ist total OK, das machen viele Blogger. Die richtigen Profis haben oft sogar Lektoren und Übersetzer. Das ist keine Schande, jeder professionelle Autor hat die auch an seiner Seite.

Für Kooperationen sollte dauerhaft außerdem ein Media-Kit mit allen Zahlen erstellt werden. Da könnt Ihr Euch bei klassischen Magazinen oder anderen Blogs inspirieren lassen, aber auch, wenn es bloß ein einfaches PDF ist, sollte es alle Daten zu Followern, Email-Abonnenten etc. enthalten. So sieht jemand direkt auf einen Blick welche Reichweite euer Blog hat. Selbstverständlich kann man auch weitere Kooperationspartner nennen, um Interesse zu wecken.

Ein Einlesen in Marketing-Strategien und Social Media Management kann ich auch nur empfehlen. Bei manchen Bloggern scheitert es vor allem daran, dass sie ihre Texte einfach nicht zu ihren potentiellen Lesern bekommen. Heute reicht es leider schon lange nicht mehr irgendwo im Internet gute Inhalte zur Verfügung zu stellen. Man muss diese fleißig teilen und dahin bringen wo die Leser sind. Wenn man irgendwann einen großen Stamm Email-Abonnenten hat, steht man natürlich schon richtig gut da, aber auch da muss man erstmal ankommen und prinzipiell gibt es immer noch irgendwo Leser, die man noch nicht erreicht.

Kennt Euren Wert

Egal ob Ihr auf kommerzielle Kooperationen wert legt oder nicht, kennt Euren Preis und Euren Marktwert. In den USA spricht man schon lange von Benchmarks, wenn es um Blogger geht. Hier ist das noch nicht so üblich. Immer öfter höre ich aber Klagen über unverschämte Angebote. Da schicken Unternehmen Gutscheine raus mit einer ganzen Latte von Forderungen als Gegenleistung. Das ist nicht in Ordnung, aber auch für die wirklich netten Anfragen ist es gut, wenn man eine feste Preisstaffel im Hinterkopf hat. Überlegt Euch wie lange Ihr für einen Beitrag braucht, wie viele Leser (unique user) Ihr monatlich erreicht und ob Ihr Fotografen engagiert oder nicht. Natürlich sollte man realistisch bleiben! Trotzdem auch standhaft. Ich habe bereits mehr als einmal Angebote abgelehnt, auch wenn es natürlich nett gewesen wäre ein bisschen „Taschengeld“ zu verdienen. Aber auch Agenturen, Firmen und Institutionen sprechen miteinander. Tut Euch den Gefallen und werdet nicht der Blog, von dem alle wissen, dass man dort Beiträge schon für 50 Euro bekommt. Damit macht Ihr euch selbst das Geschäft kaputt und anderen Bloggern natürlich auch. Nach wie vor sind Blogger, selbst wenn sie einige hundert Euro für einen Beitrag nehmen, viel günstiger als klassische Werbung. Wenn Ihr einen professionellen Blog betreibt, der einige tausend Leser erreicht, dann seid Ihr das wert. Das soll nicht heißen, dass man nicht kleine Labels, gute Museen oder soziale Projekte mit Beiträgen umsonst unterstützt oder über Events schreibt, auf denen man Spaß hatte. Auch wenn ich irgendwo hin möchte und frage ob ich als Blogger kommen kann, erwarte ich natürlich nicht das gleiche wie bei einer Anfrage, die mir gestellt wird, weil jemand unbedingt möchte, dass ich über ihn schreibe. Da sollte man schon unterscheiden. Mein Grundsatz ist einfach, dass ich nicht umsonst arbeite. Wenn mich jemand engagiert, dann kostet das eben Geld wie jede andere Dienstleistung auch. Positive oder vorgeschriebene Beiträge lasse ich mir natürlich trotzdem nicht diktieren. Als Grundeinstellung würde ich das prinzipiell auch allen anderen Bloggern empfehlen.

Bleib Dir treu

Mit diesem Punkt hätte ich auch beginnen können. Blogs leben von der so oft zitierten Authentizität eines Bloggers. Egal wie viel Geld man möglicherweise verdient, egal wie viele Produkte oder Einladungen man bekommt, man muss sich treu bleiben, sonst verliert man seine Leser. Und verliert man seine Leser, macht das Bloggen keinen Sinn. Der rote Faden eines Blogs entwickelt sich natürlich und auch jeder Blogger entwickelt sich weiter. Manchmal kann es auch Zeit für einen neuen Blog sein, weil manche Themen einfach nicht auf den alten passen oder eine ganz andere Lesergruppe ansprechen. Verliert Eure Ziele und Wünsche niemals aus den Augen. Manchmal kann das am schwersten sein. Manchmal ist es hart eine Anfrage abzulehnen, die wirklich lukrativ wäre, aber am Ende des Tages fühlt man sich doch wohler, wenn man sich nicht „verkauft“ hat. Für diesen Blog habe ich bereits mehr Anfragen abgelehnt als angenommen, aber ich habe das Gefühl, dass das die Qualität erhalten und den Inhalt auf Kurs gehalten hat. Lasst Euch niemals aus der Bahn werfen, wenn Euer Blog eine Herzensangelegenheit ist, dann steht man auch jede Durststrecke durch. Lasst Euch auch nichts erzählen, die Menge der Beiträge ist zum Beispiel nicht zwangsläufig entscheidend. Dieser Blog lebt und wächst seit zwei Jahren stetig, obwohl ich im Schnitt nur einmal im Monat einen Beitrag schreibe. Wichtig ist, dass Ihr zufrieden seid!

Manage deine Erwartungen

Der letzte Punkt für diesen Beitrag hat einen direkten Bezug zu allen Hinweisen davor. Als Blogger muss man unbedingt seine Erwartungen auf einem realistischen Level halten. Immer wieder begegne ich Bloggern, die die nächste Masha Sedwick werden wollen. Generell lebe ich auch nach dem Motto „Think big“, aber realistisch sollte man schon sein. Nicht jeder Blog wird es soweit bringen, dass man plötzlich hauptberuflich bloggt und 6 Angestellte hat, die einen unterstützen. Das ist und bleibt die Ausnahme. Dafür gibt es einfach zu viele von uns. Und auch in schlechten Zeiten, wenn einem nicht so recht das richtige Thema einfällt oder negatives Feedback kommt, muss man in der Lage sein sich selbst zu motivieren und darf auf keinen Fall die „beleidigte Leberwurst“ spielen. Auch wenn man alles Herzblut in eine Anfrage steckt, weil man wirklich gerne mit einem Unternehmen zusammenarbeiten möchte, kann es eine Absage geben. Auch wenn man auf eine Ausschreibung antwortet, wird es immer mal wieder zu Rückschlägen kommen. Am besten cool bleiben und immer wieder zwischendurch die eigenen Erwartungen überprüfen. Manchmal hat man auch schon viel gewonnen, wenn man fragt, ob man obwohl es nicht geklappt hat, in den Verteiler für die Zukunft aufgenommen wird. Daraus kann dann später immer nochmal eine Zusammenarbeit entstehen. Es hat auch einfach noch niemandem geholfen, größenwahnsinnig zu werden. Und natürlich sind Blogger heute ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation, auch im Marketing weiß man das in der Regel. Trotzdem hat kein Unternehmen und mit Sicherheit kein Museum auf den Blogger mit Star-Alluren gewartet. Da habe ich wirklich schon die wildesten Forderungen gehört. Eine Kooperation ist eine Zusammenarbeit, man arbeitet also zusammen und nicht gegeneinander. Das Unternehmen braucht gute Blogger, wir brauchen aber auch Menschen, die mit uns zusammenarbeiten möchten. Ich kenne genug Kollegen, die an vielen Tagen keine Lust mehr auf Kooperationen haben, weil die mitunter wirklich anstrengend werden können. Auch hier hilft ein gesundes Bewusstsein für die eigenen Erwartungen. Wenn man dabei realistisch bleibt, steht erfolgreichen Kooperationen nichts mehr im Weg.

Fazit

So ganz habe ich es natürlich nicht geschafft, meine eigenen Erfahrungen als Blogger außen vor zu lassen. Ich bin eben doch nie nur Unternehmensvertreter, sondern immer auch Blogger und umgekehrt. Manchmal hilft das auch für das gegenseitige Verständnis. Ist ein bisschen wie mit den Auto- und den Fahrradfahrern, die Rücksicht steigt, wenn man mal die Seiten wechselt. Und generell hilft es natürlich, wenn man sich mal in die Situation des Gegenüber hineinfühlt. Aber bevor das hier Punkt 7 wird und ein Buch statt einem Blogbeitrag, ist für heute Schluss. Als nächstes widme ich mich dann dem wichtigen Thema der Krisenkommunikation, wenn etwas mal so richtig schief läuft bei einer Zusammenarbeit. Nun bin ich gespannt auf Rückmeldungen.

GASTBEITRAG | „Warum ich abmahne!“ von Marco Wittler

Das Internet gilt heute immer noch für viele Menschen als ein rechtsfreier Raum. Jeder darf alles und es gibt keine Konsequenzen für mein Handeln. Man ist ja anonym und bei Facebook gibt man einfach einen Fantasie-Namen an.

Deswegen boomen seit Jahren illegale Tauschbörsen und Downloadportale, in denen man so ziemlich jede Art von Medien umsonst runterladen kann. Warum auch dafür bezahlen? Die Filmstudios, Schauspieler, Musiker, Autoren, Fotografen, Texter, … bekommen doch eh schon viel zu viel Geld. Die sind raffgierig und wollen einem nur das Geld aus der Tasche ziehen.

Das ist im Moment in unserer Mitnahmegesellschaft eine weit verbreitete Meinung. Man regt sich über Kunstschaffende auf, man verteufelt die GEZ, die GEMA und alle anderen, die an ihren Werken etwas verdienen wollen. Es ist ja auch unverschämt, dass sie ihre Werke nicht umsonst anbieten. Frechheit.

Dass diese Künstler damit aber neue Projekte finanzieren, ihren Lebensunterhalt verdienen, ihre Steuern davon bezahlen und ihre Altersversorgung damit aufbauen, scheint niemand zu bedenken. Wahrscheinlich interessiert es auch niemanden.

Umso saurer werden die Raubkopierer und Contentdiebe, wenn sie erwischt werden und von Anwälten mit Abmahnungen und Unterlassungserklärungen bedroht werden. Dann kommt die »böse Abmahnindustrie«, die »unverschämten Abzocker«. Die sind ja die Bösen. Der Raubkopierer ist nur ein kleines Opfer von »raffgierigen Rechteinhabern«, die nicht mal Fünfe gerade sein lassen können. Wie dreist und kaltblütig.

Das sind nur die großen Beispiele, die immer in den Medien breit getreten werden. Da treten dann immer die gleichen bekannten Anwaltsgesichter im Fernsehen auf und geben Rat, wie man sich in solchen Fällen am besten wehren kann. Zusätzlich findet man unzählige Kanzleien bei Google, die sich auf die Gegenwehr bei Abmahnungen spezialisiert haben. Man muss schließlich gegen Anwälte vorgehen, die sich an Contentdieben bereichern wollen und allein damit ihren Lebensunterhalt verdienen.

Es gibt aber auch die kleinen Fälle. Da sind Autoren, die in ihrer Freizeit Bücher schreiben, lokale Bands, die in Eigenarbeit ihre CDs produzieren oder auch Fotografen, die von Veranstaltung zu Veranstaltung hetzen, um das ein oder andere schöne Foto zu schießen und natürlich die Blogger, die stundenlang an ihren Rechnern sitzen und Beiträge in ihren jeweiligen Nischen schreiben, um damit etwas Geld zu verdienen.

Die ganz große Kohle ist damit natürlich nicht zu machen. Reich und berühmt werden nur die Wenigsten. Es ist die Leidenschaft, die diese Menschen antreibt. Die einen arbeiten an ihrer Kunst, an ihren Projekten neben dem normalen Beruf und hoffen immer auf die eine Chance. Andere rackern sich praktisch zu Tode, um hauptberuflich zu künstlern. Arbeit ist es für alle.

Wer heute etwas aus seiner Passion machen will, kommt um das Internet gar nicht mehr herum. Man muss sich präsentieren, sich vernetzen und sich durch harte, lange Arbeit einen Namen aufbauen. Da reicht es natürlich nicht aus, eine einfache Homepage zu erstellen und zu umschreiben, was man macht und kann. Man muss seine Kunst präsentieren. Der Fotograf zeigt also seine Fotos, der Autor veröffentlicht seine Storys online, usw. Da kommt man nicht drum herum.

Neben den Lesern und Bewunderern dieser Künstler kommen dann auch irgendwann die Raubkopierer und Contentdiebe. Ihnen gefallen die Werke natürlich auch. Sie gefallen ihnen sogar so gut, dass sie darin ihre Chance sehen. Per Copy / Paste sind Fotos und Texte ganz schnell in die eigene Homepage, in Blogs und Foren eingefügt. Dauert wirklich nur ein paar Sekunden und ist gar nicht schwer. Und schon hat man ohne wirkliche Arbeit Inhalte, mit denen man nun selbst Leser und Bewunderer anlocken kann und Traffic generiert. Manch Kopierer ist ja noch so ehrlich und schreibt den Namen des Rechteinhabers und die Quelle unter das Werk. Andere sind so dreist und geben alles als ihren eigenen kreativen Erguss aus. Was beide gemeinsam haben: Sie haben etwas gestohlen und neu publiziert. Sie haben gegen das Urheberrecht verstoßen.

Das Problem an dieser Thematik ist, dass sich niemand schuldig fühlt. Die Werke sind doch eh schon im Internet. Was macht es denn da, wenn sie noch einmal irgendwo sind? Deswegen sind auch die Schadenersatzforderungen völlig überzogen. Und das ist der eigentliche Knackpunkt, an dem es interessant wird.

An dieser Stelle wird es Zeit, dass ich mich vorstelle. Ich bin Marco Wittler. Ich bin Kreaktivist. Das soll heißen, dass ich sehr viele kreative Hobbies habe, mit denen ich mich austobe. Ich bin Zauberer, ich bin Feuerspucker, ich bin Autor, ich bin Blogger und noch einiges mehr. Da mir das aber zum Einleiten grundsätzlich zu lang wird, bezeichne ich mich eben als Kreaktivist. Da das aber alles »nur« Hobbys sind, meine großen Leidenschaften, verdiene ich meinen eigentlichen Lebensunterhalt in einem normalen 40-Stunden-Job. Von der Kunst selbst kann ich nicht leben.

Ich bin aber nicht nur Kreaktivist. Ich bin auch Opfer. Nein, ich leide nicht unter krankhaften Abmahnungen, die mir ins Haus flattern. Ich bin das Opfer auf der anderen Seite. Ich leide unter einer chronischen Form von Contentdiebstahl.

In meinem Blog veröffentliche ich seit dem Jahr 2006 Gute Nacht Geschichten für Kinder. Bis heute sind weit über 700 Kurzgeschichten entstanden. Das lockt nicht nur Leser an, sondern eben auch Raubkopierer.

Ich begebe mich alle paar Monate auf die Suche. Eine Suche, die mehrere Stunden und Tage in Anspruch nimmt – Zeit, in der ich mich nur mit Google beschäftige und nichts Kreatives erzeugen kann.

Ich kopiere einzelne Sätze aus meinen Werken und füge sie bei Google ein (in Anführungsstrichen). Dabei vermeide ich Sätze, die Orte und persönliche Namen inne haben, denn die werden regelmäßig ausgetauscht.

Traurigerweise werde ich bei jeder Suche fündig. Meist sind es Nutzer aus Foren, private Homepage-Ersteller oder Blogger, die ihren Blog aufhübschen wollen. Es sind Privatleute. Es sind Menschen, die sich über das Urheberrecht noch nie Gedanken gemacht haben. Sie wissen nicht einmal, dass sie sich strafbar gemacht haben. Sie haben sich nie darüber informiert. Oft sind es sogar Teenager.

Es kommt aber auch immer wieder vor, dass Unternehmen meine Texte verwerten, z.B. für ihre Homepage. Oder auch »Autoren«, wenn man sie so nennen möchte, die im Internet überall wahllos Texte sammeln und daraus eine Anthologie erstellen und diese bei Demand-Verlagen selbst verkaufen.

Mein Nachteil an diesen Raubkopierern ist, dass ich bei Google schlechtere Suchergebnisse bekomme. Durch den Doppelcontent rutsche ich mit meinem Blog im Ranking ab, werde auf hintere Seiten verbannt oder mein Link wird ausgeblendet. Das kostet mich nicht nur Besucher und Leser, dass kostet mir im Ernstfall auch Geschäftspartner, denn es kommt immer wieder vor, dass jemand eine Abdrucklizenz erwerben möchte. Wenn diese Geschäftspartner mich nun nicht finden (denn sie suchen nicht nach meinem Namen, sondern nach Geschichten mit bestimmten Inhalten), verliere ich Geld und Verträge. Ich verliere auch Projekte, die ich später als Referenzen angeben kann, um mich bei zukünftigen Geschäftspartnern zu profilieren.

Es kostet mich auch Verträge mit Verlagen, die unsicher werden, weil meine Texte von mehreren Internetnutzern veröffentlicht wurden. Wenn meine Werke sogar schon in Büchern stehen, habe ich keine Chance mehr, sie bei einem Verlag unterzukriegen.

Zusätzlich kostet es mich sehr viel Zeit, nach kopierten Inhalten zu suchen, die Raubkopierer / Seitenbetreiber ausfindig zu machen zu kontaktieren oder sogar in Korrespondenz mit einem Anwalt zu treten. Von den Nerven ganz zu schweigen.

Es ist also nicht so, dass man einfach nur Kopien von rechtlich geschütztem Material anfertigt, man nimmt dem Rechteinhaber tatsächlich Geld weg, bzw. hindert ihn daran es zu bekommen.

Teilweise bleibe ich sogar auf meinen Anwaltskosten sitzen, wenn der »Autor« einer Anthologie mittellos ist, der sich einen Nebenerwerb aufbauen wollte. Diese Raubkopierer sind in der Regel nicht einmal in der Lage, die Kosten zu tragen, ganz abgesehen vom Schadenersatz.

Was aber in diesen sofort verständlichen Punkten noch gar nicht auftaucht, ist der Imageschaden, der angerichtet werden kann. Ein ganz konkretes Beispiel aus meiner eigenen Arbeit ist eine Gute Nacht Geschichte für Kinder (!), die im letzten Herbst für eine Onlinewerbung missbraucht wurde. Der Contentdieb war ein Swingerclub, der zu einer seiner Partys einlud. Das ist natürlich etwas, womit ich nicht in Verbindung gebracht werden möchte.

Contentdiebstahl ist also kein Kavaliersdelikt. Die Rechteinhaber sind auch keine raffgierigen Monster, die sich an den »Abmahnopfern« bereichern wollen. Wir Künstler sind die eigentlichen Opfer. Aber in allen Medien werden wir als Böse abgestempelt. Wir sind Monster, die keinen Spaß verstehen, die nie ein Auge zudrücken wollen. Wir machen unsere Kunst nur aus einem Grund: Wir wollen damit Geld machen.

Ich gebe zu, der letzte Grund stimmt. Ich mache meine Kunst, weil ich Spaß daran habe, aber es gefällt mir auch, wenn ich dafür honoriert werde, denn ich habe sehr viele Arbeitsstunden rein gesteckt, um Menschen damit zu unterhalten.

Natürlich würde ich auch auf jegliche Entlohnung verzichten. Ich würde meine Werke jedem kostenlos zur Verfügung stellen. Auch ohne Erlaubnis. Aber dazu bin ich natürlich nur bereit, wenn in Zukunft alle anderen auch für mich kostenlos arbeiten. Wie heißt es so schön? Eine Hand wäscht die andere und umsonst ist nur der Tod.

Also, lieber Künstler, liebe Mitleidende, die ihr euch nicht an die Öffentlichkeit traut oder von dieser niedergemacht werdet: Schützt eure Werke und zeigt Raubkopierern nicht nur den erhobenen Zeigefinger.

Das Urheberrecht ist ein gültiges Gesetz und ihr dürft es auch anwenden.

Zum Schluss noch ein paar Tipps:

* Sichert euren Content. Es gibt für Bloggger Plugins, die die rechte Maustaste abschalten. Das ist zwar kein Allheilmittel, aber hält zumindest die meisten Raubkopierer auf.

* Sucht regelmäßig nach euren Werken. Google ist da die einfachste und eine sehr effektive Art. Sätze in Anführungszeichen benutzen oder die Bilder Rückwärtssuche. Lasst euch nicht einfach alles bieten.

* Sichert euch Screenshots von Rechtsverstößen. Anschließend Seitenbetreiber selbst per Mail anschreiben. Macht sie auf ihren Verstoß aufmerksam und verlangt eine Löschung. Falls eine solche nicht geschieht, könnt ihr immer noch zum Anwalt gehen.

* Wer kommerziell kopiert, sollte generell durch Anwälte abgemahnt werden. Wer auf eure Kosten Geld machen will, giert praktisch nach einer Geldstrafe.

* Macht andere Künstler aufmerksam, wie man sich sinnvoll schützen und wehren kann. Es gibt noch so viele Unwissende unter uns.

* Schafft euch Beweise, damit ihr eure Urheberrechtschaft auch beweisen könnt. Das Veröffentlichungsdatum in eurem Blog reicht nicht aus. Das kann man nachträglich verändern. Es gibt Verteidiger, die auf Beweise pochen, um Contentdiebe rauszuhauen. Am Ende seid ihr die Dummen, zahlt die Rechnung und verliert das Recht an euren Werken. Macht nach jedem Beitrag, der inhaltlich schwer genug ist, einen Screenshot (mit dem Veröffentlichungsdatum) und hinterlegt es beim Anwalt oder Notar. Wer schon mit diesen Leuten arbeitet, hat es da einfacher.

Ach ja, dieser Text unterliegt natürlich auch dem Urheberrecht und ist geschützt. Egal, ob ein Copyright drunter steht oder nicht. Also Finger weg vom Copy / Paste. Aber es gibt ja auch die Möglichkeit, ihn zu verlinken. Ist viel einfacher und rechtlich kein Problem.

(c) 2015, Marco Wittler

#kbreise15 | Digitales in Karlsruhe und Basel

Mein zweiter Beitrag zur #kbreise15 ist wirklich überfällig, denn wie bei meinem ersten Beitrag zur Reise, bieten mir die Kunsthalle Karlsruhe und die Fondation Beyeler die Möglichkeit eines Vergleichs unterschiedlicher Strategien neue Technologien in Ausstellungen einzubinden. Die Kunsthalle Karlsruhe setzt auf Bewährtes und die Fondation Beyerle wagte etwas Neues. Beides hat seine Berechtigung sowie Vor- und Nachteile. Doch bevor ich mein Fazit vorziehe, möchte ich beide Lösungen zunächst vorstellen.

Technologien in der aktuellen Ausstellung zur Markgräfin Karoline Louise in der Kunsthalle Karlsruhe

Die Kunsthalle setzt in ihrer Ausstellung auf Bewährtes und vor allem auf wenig Technik. Konzeptuell ist das für mich vollkommen in Ordnung. Man muss ja auch nicht! Nach wie vor sollen Museen keine Freizeitparks sein, trotz allem konkurrieren sie mittlerweile mit diesen. Der Museumsbesuch steht für viele eben nicht mehr auf dem Pflichtprogramm am Wochenende.

Die wenigen technologischen Elemente, die in die Ausstellung integriert worden sind, überzeugen und erweitern die Ausstellung sehr sinnvoll. Sowohl narrativ als auch pädagogisch. Gemeinsam mit Studenten wurden Filme erarbeitet, die einen Einblick in die zahlreichen Korrespondenzen der Markgräfin sowie in das Leben bei Hofe geben. Ich fand die Filme sehr unterhaltsam und kurzweilig, auch wenn ich sie auf Grund unseres straffen Zeitplans leider nicht vollständig gucken konnte.

Blick auf den Film zum Leben am Hof der Markgräfin.
Besonders gelungen fand ich die Media Station in Saal 7 der Ausstellung. Da in diesem Saal die originale Hängung der Sammlung gezeigt wird, wurde hier bewusst auf Schildchen  verzichtet. Die Präsentation an sich hat mir bereits sehr gut gefallen, bin ich doch ein großer Fan von Petersburger Hängung. Um dem Besucher trotzdem die Möglichkeit zu geben, herauszufinden welche Werke gezeigt werden, wurde eine Media Station in den Saal integriert. Hier kann man an einem Touch-Screen jedes Bild anklicken und bekommt sowohl die Werk-Info als auch Scans der Originalquellen wie Briefe oder Urkunden zum Erwerb. Hier hätte man noch narrativer sein können, aber an sich finde ich das Ganze sehr gelungen. Vor allem die Chance zu nutzen  auf diese Weise mehr zu den Werken zu präsentieren, weil man durch den Screen viel mehr Platz zur Verfügung hat als auf einem kleinen Schild. Und man ermutigt den Besucher aus seiner Gewohnheit auszubrechen immer erst auf die Schilder zu gucken, welches Werk/welcher Künstler zu sehen ist. Das ist ja so eine Unart in Ausstellungen nicht mehr die Kunst zu genießen, sondern zunächst zu schauen ob da ein allgemein anerkannter Meister hängt oder nicht.

Schwierig finde ich jedoch, dass es nur eine einzige Media Station im Raum gab. Wie das genau logistisch funktioniert, wenn das Museum wirklich voll ist, ist mir ein Rätsel.

Oben: Ein Gemälde aus Saal 7. Jean-Baptiste Perronneau, Mädchen mit Katze, 1747/50, Kunsthalle Karlsruhe. Unten: Die Ansicht vom Gemälde in der Media Station.

Am Ende der Ausstellung erwartet den Besucher in der Kunsthalle Karlsruhe dann noch eine Computer Station, an der die gesamten Forschungsergebnisse zur Ausstellung eingesehen werden können. Da der Ausstellung eine zweijährige Forschungsphase voran ging, gibt es sicher viel zu entdecken und zu lesen. Auch hier leider wieder nur ein einziger Rechner. Aber der Ansatz ist der Richtige. Leider konnte ich mir diese Station nur im Vorbeilaufen anschauen, hoffe aber, dass die Ergebnisse dauerhaft online zugänglich sein werden, sind sie doch ein wichtiger Teil der Stadt- und Sammlungsgeschichte.

 

Die Paul Gauguin Bücher in der Fondation Beyerle

In der Fondation Beyeler haben wir uns eigentlich die Marlene Dumas Ausstellung angeschaut, die, wie nicht anders zu erwarten von diesem erstklassigen Museum, ganz wunderbar war. Nun ist die Marlene Dumas nicht ganz mein Fall, aber das ist natürlich eine Geschmacksfrage und hat nichts mit der Ausstellung zu tun. Besonders interessiert haben mich die Paul Gauguin Bücher, von denen ich bereits im Vorfeld soviel gehört hatte. Und ich kann nur sagen, die sind wirklich großartig. Hier wurde ein Medienmix umgesetzt, der meiner Meinung nach für jede Altersgruppe eine echte Bereicherung darstellt. Die Besucher sehen das wohl genauso, denn um die Bücher scharrten sich massenweise Jung und Alt. Gott sei Dank gab es einige davon. Ein ganzer Raum wurde dafür zur Verfügung gestellt. Und selbst, wenn man die Technik verstanden hat, die unten im zweiten Trailer von den Machern der iart AG ganz wunderbar erklärt wird, sind diese Bücher beinahe magisch in ihrer Funktion. Hier ist nochmal eine ganz neue Dimension des Eintauchens in die Welt des Künstlers möglich. Fast meint man, die Werke führten hier ein Eigenleben, an dem man teilhaben kann.

Und hier die Making-Of Trailer zu den Büchern:

 

Mein Fazit

Durch die #kbreise15 durfte ich zwei Museen kennen lernen, die ich bis dahin leider noch nicht besuchen konnte. Gleichzeitig war es wunderbar in so kurzer Zeit zwei Häuser zu erleben, die sich sehr unterschiedlich präsentieren. Die Kunsthalle Karlsruhe ist ein sehr sympatisches Haus, das aber noch einen weiten Weg vor sich hat, wenn es um neue Medien und Technologien geht. Leider gibt es noch kein WLAN und die Leihgeber lassen auch hier keine Fotografie in der Ausstellung zu. Aber dieser Problematik habe ich ja ebenfalls einen Beitrag gewidmet und werde das an dieser Stelle nicht weiter ausführen. Als Lösung sehe ich aber beispielsweise Foto-Stationen, an denen die Besucher ihre Lust auf Erinnerungsbilder kontrolliert ausleben können. Die Ansätze neue Technologien zu integrieren und eine zeitgemäße Präsentation zu erreichen finde ich gelungen, wenn auch noch etwas zurückhaltend. Da darf gerne noch mehr kommen in der Zukunft! Loben und hinweisen möchte ich aber auf die Tatsache, dass die Kunsthalle es schafft immer noch zu forschen. Forschung in Museen wird aus Geld- und Zeitgründen immer weniger und die Leistung zwei Jahre in ein umfangreiches Projekt zur Sammlungsaufarbeitung zu investieren, verdient Respekt und Anerkennung.

Die Fondation Beyeler legt die Latte für Museen sehr, sehr hoch. Der Ort an sich begeistert natürlich schon, vor allem an einem so sonnigen Tag wie wir ihn erleben durften und ich werde noch diesen Jahr wieder hinreisen. Lobenswert finde ich das äußerst gut funktionierende, öffentliche WLAN, das jedem Besucher auf dem gesamten Gelände zur Verfügung steht. Auch hier aber leider ein Fotografierverbot, das der Gesetzeslage und den Leihgebern geschuldet ist. Für uns gab es glücklicherweise eine Ausnahme, was die Probleme natürlich dauerhaft  nicht löst. Die Paul Gauguin Bücher haben mich jedoch voll für die Fotoproblematik entschädigt! Was für ein tolles Projekt. Ich wünsche mir, dass sich diese Technik durchsetzt und sie flächendeckend für mehr Museen machbar und finanzierbar wird. Mit den Büchern hat man Spaß, man lernt etwas, die haptische Erfahrung rundet den Besuch  ab und natürlich wird auch das wertvolle Medium Buch wieder in das Bewusstsein der Menschen gebracht. Großes Lob dafür! Und auch ein großes Lob dafür, dass die Informationen dazu so umfangreich ins Netz gestellt werden. Alleine zur Gauguin Ausstellung findet man 45 Videos auf dem Youtube-Kanal des Museums. Ich glaube mehr kann man kaum erwarten.

#kbreise15 | Die Stadtgeist KA App und das Tabevent Basel

Am Wochenende (5.6.-7.6.2015) habe ich an der Bloggerreise #kbreise15 teilgenommen. Dem Thema was Bloggerreisen sind und ob diese Sinn machen oder nicht, habe ich vor Kurzem bereits einen Beitrag gewidmet, nachdem ich an einer Podiumsdiskussion teilgenommen hatte. Ob meine Teilnahme an der Reise meine Sicht verändert hat, werde ich die Tage nochmal ausführlich verbloggen. Zunächst möchte ich meine Eindrücke des gebotenen Programms notieren solange diese noch frisch sind. Es war alles in allem eine ganz großartige Reise und ich hatte Gelegenheit, die von mir noch nicht bereisten Orte, Karlsruhe und Basel kennenzulernen. Sogar das Radio war dabei. Unsere Gastgeber das Karlsruhe Tourismus, die Kunsthalle Karlsruhe, das Stadtmarketing Basel und die Fondation Beyeler haben sich nicht lumpen lassen und uns ein volles Programm wie Rund-um-sorglos-Paket geboten. Neben der Unterbringung in den 4-Sterne-Hotels Blauer Reiter (Karlsruhe) und Hotel Euler (Basel) gab es reichlich vorzügliches Essen. Da es nicht meine Art ist lange Reisebeschreibungen auf diesen Blog zu stellen, möchte ich als erstes zwei Programmpunkte vorstellen, die zwar sehr unterschiedlich sind, aber beide auf GPS-Lösungen basieren.

Die Stadtgeist Karlsruhe App

In Karlsruhe haben wir am Samstag eine Führung zur Stadtgeist Karlsruhe App bekommen. Die App ermöglicht es dem Nutzer innerhalb des Stadtraums verschiedene relevante Punkte zu erkunden. Hier scheint vor allem die historische Relevanz ein Auswahlkriterium gewesen zu sein. Entstanden ist das Konzept zunächst unabhängig von der Stadt. Nachdem es den deutschen AppCampus Award 2013 gewonnen hatte, war es dank dem Preisgeld möglich das Projekt an die Stadt heranzutragen.

Ein internationeler Wettbewerb ausgeschrieben von Microsoft und Nokia für das nächste große mobile Ding, dotiert mit 70.000€. Im Rahmen der SmarterCity Initiative der Stadt wurde dieses Konzept für Karlsruhe umgesetzt. Zusammen mit der Stadtmarketing Karlsruhe GmbH und in Kooperation mit der Karlsruher Tourismus GmbH und der Karlsruher Schienen- und Infrastruktur Gesellschaft (KASIG). Fachlich begleitet durch das Stadtarchiv. (Quelle: stadtgeist-karlsruhe.de)

Das Entwicklerteam stellte uns die App persönlich vor und gemeinsam haben wir zwei markante Punkte besucht. Location-Based-Marketing beziehungsweise GPS-basierte Angebote werden immer relevanter. Vor allem wenn es um App-Lösungen geht. Was kann nun diese App eigentlich? Und welchen Mehrwert bringt sie bei einem Besuch von Karlsruhe. Die App zeigt auf der Karte diverse Punkte in Karlsruhe, die für ein Stück Stadtgeschichte stehen, das sich einem nicht ohne weiteres am Ort selbst erschließt. Auf der integrierten Karte ist es möglich alle Punkte anzuschauen und einen auszuwählen. Daraufhin kann man entweder mit Hilfe der Karte oder des Kompasses die Stelle ausfindig machen. Angenehm fand ich die Anzeige der genauen Entfernung. Leider ist noch keine Routenlösung integriert, so dass man eine Menge Batterie und Datenvolumen braucht um an Ort und Stelle zu kommen. Vor allem natürlich Batterie. Das ist sicher ein Minuspunkt. Hat man den gewählten Punkt erreicht, scannt die App mit Hilfe der Kamera und Augmented Reality Technik die Umgebung. Eine historische Ansicht des Ortes erscheint und über den Button „Guide“ stehen nun Video- und Audiodateien zur Verfügung. Ein Kopfhörer ist hilfreich. Die wichtige Frage nach dem Mehrwert lässt sich guten Gewissens mit einem JA beantworten. Wer Karlsruhe kennt oder auch nicht, bekommt hier zahlreiche Geschichten direkt an den Orten erzählt, an denen sie sich ereignet haben. Ich fand es sehr nett, dass die Entwickler uns einen Einblick in den Enstehungsprozess gegeben haben, selbstverständlich braucht man für die App natürlich keine Führung um sie nutzen zu können. Die Hinweise zur Bedienung sollte man jedoch schon ansehen, da die Handhabe nicht vollständig selbsterklärend war. Insgesamt finde ich die App sehr gelungen. Sie bietet mir als Besucher von Karlsruhe eine Möglichkeit nach meinen individuellen Bedürfnissen die Stadt und ihre Geschichte zu erkunden und zu erleben. Mit 17 MB ist sie nicht wahnsinnig groß und die meisten sollten den Platz auf ihrem Smartphone übrig haben. Die Inhalte werden gestreamt, was natürlich die Appgröße klein hält, aber Datemvolumen frisst. Karlsruhe hat allerdings im öffentlichen Raum ein freies WLAN, das meist funktioniert hat. Auch dieser Schwachpunkt ist also vertretbar. Minuspunkt ist einzig der hohe Batterieverbrauch, den ich nur durch meinen Travelakku kompensieren konnte. Das Nachmachen einer solchen App in anderen Städten würde ich auf jeden Fall empfehlen!

Das Tabevent in Basel

Am Sonntag wurde für uns in Basel ein Tabevent veranstaltet. Das Ganze ist im Wesentlichen schnell erklärt. Ein Tabevent ist eine moderne, GPS- und Cloud-basierte Schnitzeljagd, die mit Hilfe von Tablets durchgeführt wird. Nichts verstanden? Kein Wunder. Lässt man das Marketing-Vokabular weg, lässt sich das Konzept folgendermaßen beschreiben: Eine Gruppe wird in Teams eingeteilt. Jedes Team bekommt ein Tablet in die Hand und los geht’s. In der Anwendung sieht man eine Karte, die Aufgaben mit unterschiedlicher Schwierigkeitsstufe anzeigt. Diese kann man nun aufsuchen. In einem Umkreis von 80 Metern steht die Aufgabe zur Verfügung. Von Multiple-Choice-Fragen zu historischen Gebäuden oder Landmarken bis hin zu interaktiven Aufgaben, kann alles hinterlegt werden. Die Teilnehmer entscheiden ganz frei wie sie die Schnitzeljagd strategisch bewältigen wollen. Sämtliche Ergebnisse wie auch Fotos oder Videos, die für die einzelnen Aufgaben erstellt wurden, gehen in die Eventcloud. Die wird vom Operator überwacht, der bei falscher Umsetzung, Punkte abziehen kann. Mit diesem kann man auch über eine Chatfunktion kommunizieren, falls man Hilfe benötigt. Ebenso lässt sich der Highscore aller Teams einsehen.

Kreativität war gefragt. Hier unser #Selfie zum Thema "Fragen knacken bei Tabevents". Hinten rechts Sabrina und vorne Tamara von Blonderblog.ch
Kreativität war gefragt. Hier unser #Selfie zum Thema „Fragen knacken bei Tabevents“. Hinten rechts Sabrina und vorne Tamara von Blonderblog.ch
Ich bin via Losverfahren in einem Team mit den Mädels von Blonderblog gelandet. Tamara und Sabrina kannte ich vor der Bloggerreise nicht und ich bin mir auch nicht sicher ob ich das Glück gehabt hätte, ihren Blog zu entdecken, da sie über Fashion und Lifestyle schreiben. Das ist einer der Punkte, den ich an der Reise ganz wunderbar fand. Ich habe andere Blogger kennengelernt, die nicht auf meiner persönlichen Agenda standen und deren Artikel ich ganz großartig finde. Genauso wie die Menschen, die dahinter stehen. Da wir das „Blondienen-Team“ waren, hat uns ein besonderer Ehrgeiz gepackt. Nach einem schnellen Strategie-Meeting hatten wir entschieden: schnell und effizient wollten wir sein. Also nichts wie hin zu den 50 und 100 Punkte fragen. 10er, 20er und 30er haben wir bewusst außen vorgelassen und uns vor allem mit den schwierigen Aufgaben auseinandergesetzt. Da neben vielen Wissensfragen auch kreative Fotoideen gefragt waren, sind wir richtig aufgedreht und waren nicht mehr zu bremsen. Das war wirklich ein riesen Spaß und das, obwohl es sonntagmorgens stattfand. Ich bin ein großer Fan dieses neuen Formats und kann es sowohl für Reisegruppen als auch für Firmenevents nur empfehlen. Wenn sich jetzt einige kluge Köpfe auch noch ein tolles Angebot für Museen ausdenken, dann wäre ich noch begeisterter. Ich könnte mir viele Szenarien vorstellen, wo eine solche Lösung zum Einsatz kommt. Zum Beispiel bei Schulklassen.

 

Das war mein erster Post zur #kbreise15.

Für die Vollständigkeit hier auch die anderen Teilnehmer, die in den nächsten Tagen sicher ebenso fleißig bloggen werden. Ein dickes #ff für alle davon!

Anke von Heyl
www.kulturtussi.de

Michelle van der Veen
www.museumsglueck.wordpress.com

Angelika Schoder
www.musermeku.hypotheses.org

Miriam Steinbach
www.dieschreibmaschine.net

Lea Zeitman
www.isawsomethingnice.ch

Sabrina Pesenti und Tamara Cantieni
www.blonderblog.ch

Dimitri Burkhard
www.newlyswissed.com

Wera Wecker
www.kulturundkunst.wordpress.com