#K20K21digital | Die digitale Strategie der Kunstsammlung NRW

Am 20. Mai luden Dr. Marion Ackermann, Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und Alissa Krusch, Bereichsleiterin Digitale Kommunikation, zur Präsentation und zum Expertengespräch nach Düsseldorf ein, um die neue digitale Strategie der Kunstsammlung vorzustellen. Leider konnte ich an diesem Tag nicht dabei sein, aber ich wurde im Anschluss mit umfassendem Material versorgt und habe das Gespräch auf Twitter verfolgt. Dabei waren unter anderem Anke von Heyl, Ute Vogel und Kai Schwichtenberg. Drei Kulturblogger, die ich sehr schätze und deren Beiträge sehr lesenswert sind. Anke hat zudem bereits einen Beitrag zum Gespräch geschrieben.

Für das Thema digitale Strategien in Museen lohnt sich auch ein Blick auf den Blog von Christian Gries, der dort die Entwicklung immer wieder thematisiert und im Netz unter dem Hashtag #DigSMus sammelt und teilt.

Das vierte Haus der Kunstsammlung

Die neue digitale Strategie der Kunstsammlung NRW, die über die letzten zwei Jahre entwickelt wurde, wird als viertes Haus der Kunstsammlung bezeichnet. Eine Metapher, die ich sehr schön finde, denn in der Tat kann die digitale Präsenz zu einem weiteren Raum einer Institution werden. Ähnlich hat auch die Tate in London ihre digitale Strategie im Jahr 2013 vorgestellt.

Insgesamt fünf Grundpfeiler hat die Kunstsammlung NRW für ihre digitale Strategie zusammengefasst, mit denen ich mich im Folgenden der Reihe nach auseinandersetze:

1. Entsprechend ihrer Grundhaltung entwickelt die Kunstsammlung eine digitale Präsentation von besonderer Qualität. Dabei kommuniziert sie im internationalen Maßstab und betont die Qualität ihrer Sammlung wie der Expertise der Wissenschaft, Bildung und Kommunikation. Dies führt zum zentralen Ansatz der Strategie, Inhalte nicht nach Algorithmen, sondern „kuratiert“ – d.h. vermittelt mit dem Blick eines Kurators als kompetentem Wegweiser – anzubieten. Der Fokus des Auftritts wird auf die bleibenden Aspekte der Sammlung gelegt.

Die neue Präsentation von besonderer Qualität besteht zunächst in einem Relaunch der Webseite und soll in der vollständigen Digitalisierung der Sammlung (2700 Werke) bis Ende 2017 gipfeln. Die Startseite der neuen Webseite soll dabei jedem Nutzer einen zielgruppenspezifischen, leichten Einstieg in die Angebote der Kunstsammlung bieten. Ebenso sollen hier alle digitalen Kanäle zusammenlaufen und mehrsprachig wird es sein. Gesehen wird die Seite eher als Portal denn als reguläre Webseite. Tagesaktuell sollen hier in Zukunft Informations-, Service- und Vermittlungsangebote präsentiert werden sowie eine umfassende Mediathek vorhanden sein. Optisch wird das ganze auf die bestehenden Print- und Digitalmedien des Hauses abgestimmt. Ehrgeiziges Ziel ist es außerdem bis zur Digitalisierung der Sammlung auch Bildungsprojekte und digitale Touren anzubieten, die in die Sammlung hineinführen.

Gleich dieser erste Grundpfeiler lässt erkennen, dass sich die Mitarbeiter der Kunstsammlung viel vorgenommen haben. Der Anspruch ist groß. Ich finde das ziemlich gut, frage mich allerdings, ob all diese Ziele auf einer Seite Platz finden können. Das in Zielgruppen gedacht wird ist ein guter Anfang, ob man wirklich jeden mit einer Seite auf die richtige Weise ansprechen kann, halt ich für schwer umsetzbar. Hier könnten Chatbot-Technologien zum Einsatz kommen, die immer besser werden.

Knapp eine halbe Million Besucher hat die Webseite jedes Jahr. Etwa 100.000 mehr als das Haus real besuchen. Für diese eine Plattform zu schaffen macht durchaus Sinn. Mich hätte jetzt allerdings noch interessiert wer die digitalen Besucher sind. Eher Frauen oder Männer? Welche Altersgruppen? Aus welchen Ländern? Soviel Einblick gibt’s dann leider doch noch nicht. Auf Twitter wurde erwähnt, dass bei der Entwicklung mit Personas gearbeitet wird, das finde ich äußerst spannend und würde gerne wissen, welche Zielgruppen am Ende wirklich bedacht werden. Da der Dialog nun eröffnet ist, gibt es dazu ja vielleicht in der Zukunft mehr.

Dem „Kurator als kompetenten Wegweiser“ stehe ich skeptisch gegenüber, klingt es für mich doch sehr nach Elfenbeinturm. Da wird man die Umsetzung abwarten müssen. Vielleicht zeigt es auch nur eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Internet, die es noch an so vielen deutschen Häusern gibt.

2. Grundsätzlich liegt auf der ästhetisch-grafischen Gestaltung der digitalen Medien und der Erfahrbarkeit der Sinnlichkeit des Kunstwerkes ein besonderer Wert. Auch mit dem digitalen Neubau lebt die Kunstsammlung die Nähe zu den Künstlern. Gerade diese nutzen den digitalen Raum für überraschende, radikale, ganz eigene künstlerische Umsetzungen. Künstlerinnen und Künstler der Sammlung und des Ausstellungsprogramms sind eingeladen, den digitalen Raum für ihre Projekte künstlerisch zu nutzen.

Nah an der Kunst soll es sein, die für das Haus im Mittelpunkt steht. Ein verständlicher Ansatz, dennoch finde ich es schwierig bei der Konzeption einer Plattform für viele Zielgruppen von der Kunst und den Künstlern aus zu denken. Meiner Meinung nach sollte gerade in einem öffentlichen Haus der Mensch an erster Stelle stehen. Zeitgenössischen Künstlern eine Plattform zu bieten ist großartig und sollte ein Teil davon sein, auch sie sind ja eine Ziel- oder Anspruchsgruppe.

Ein ähnliches Projekt hat das ZKM übrigens vor einigen Jahren mit AOYS verwirklicht. Jedoch scheint mir dort das Problem, dass zwar der Kunst eine gute Plattform geboten wird, die Usability aber zu kurz kommt. Auch habe ich dort immer ein umfassendes Marketing vermisst.

Auch die Kunstsammlungen täten gut daran ihre digitalen Tätigkeiten mehr zu bewerben. Es gab bereits zwei Ausstellungsapps (2011 und 2014), die irgendwie untergingen im Tagesgeschäft. Das ist zu schade, immerhin steckt immer sehr viel Arbeit in solchen Angeboten.

Bereits bestehend und in Zukunft weiterhin ergänzend soll das Blogazine number32 funktionieren. Ich bin kein großer Fan des Designs, aber die Inhalte sind hervorragend und es ist sehr lesenswert. Das Magazin weiterhin zu füllen und ergänzend zu digitalen, künstlerischen Interventionen auszubauen, finde ich sehr schön und freue mich drauf. Im Sinne des Dialoges, der in der Strategie so betont wird, würde ich mir dort allerdings eine Kommentarfunktion wünschen.

3. Die Medienspezifik des Digitalen ist ein weiterer Grundpfeiler der strategischen Positionierung: Die digitalen Mittel für erhellende Visualisierungen zu nutzen, neue Sichtweisen zu gewinnen und gerade die komplexeren Verknüpfungen und Verbindungen der Kunstgeschichte anschaulich werden zu lassen, sind die wesentlichen Ziele der digitalen Erweiterung. Zudem werden mit hochaufgelösten digitalen Bildern neue Wahrnehmungsebenen von Kunstwerken ermöglicht. Die Inhalte sollen mit aktuellen Aspekten der Gesellschaft verknüpft werden.

Jedes Werk der Sammlung soll hochauflösend jedem frei zur Verfügung stehen. Das ist wichtig im Sinne des Museumsauftrages der Zugänglichmachung von Kunst und gehört in jede zeitgemäße Strategie. Wer ein digitales Haus bauen möchte, kann diesen Punkt eigentlich gar nicht außen vor lassen. Spannend finde ich das Ziel, dass hier sowohl Wissenschaftler als auch reguläre Besucher einen individuellen Zugang finden sollen. Bewusst möchte man sich auch von anderen Projekten wie dem Rijksstudio oder der digitalen Sammlung des Städel abheben und etwas ganz Neues präsentieren. Mehr wurde dazu leider noch nicht bekanntgegeben. Ich hoffe hier wird es Beta-Tests mit verschiedenen Zielgruppen geben. Gerade bei digitalen Sammlungen, die einige tausend Werke umfassen, sollte Wert auf die Nutzbarkeit gelegt werden. Das Rijksstudio ist für mich bis heute eine der gelungensten Ansätze in diesem Bereich, leider kommen die Inhalte etwas zu kurz, da der Fokus auf der Kreativität der Nutzer liegt. Immer mehr Häuser stellen ihre Sammlungen online, eine Lösung, die mir richtig gut gefällt habe ich noch nicht gesehen, deshalb freue ich mich sehr darauf, was die Kunstsammlungen uns nächstes Jahr präsentieren werden.

4. Gemäß ihres Auftrages, sich grundsätzlich – angesichts eines immer
diversifizierteren Publikums – an alle Menschen zu richten, verfolgt die Kunstsammlung einen konsequenten Ansatz der Individualisierung von Zugängen. Dabei geht sie auf spezifische Voraussetzungen des Gegenübers ein, handelt inklusiv, serviceorientiert und verschränkt die Erfahrungen von digitalen und realen Besuchern des Hauses.

Hier kommt endlich an vierter Stelle der Punkt der Usability. Wie bereits erwähnt, sollte das meiner Meinung nach an erster Stelle stehen, aber es ist da und das ist erstmal die Hauptsache. Allerdings finde ich den Vorsatz alle Menschen zu erreichen wirklich schwer umsetzbar. Als Idealziel ist es nichtsdestotrotz bewundernswert.  Serviceorientiert, leicht zugänglich, inklusiv und das konsequent gedacht. Da ist auf jeden Fall noch einiges zu tun. Bisher glänzt der Auftritt der Kunstsammlung nicht gerade durch Usability und leichte Zugänge.

Mich würde an dieser Stelle auch besonders interessieren, ob intensiv ausgewertet wurde, wie die Webseite und die anderen Kanäle momentan genutzt werden und wie das Besucherverhalten dort ist. Ich persönlich würde mir die Seite etwas übersichtlicher wünschen. Das die Seite in Zukunft mobilfähig wird ist ein guter Anfang. Das macht das große Ziel alles für jeden auf die Seite zu bringen aber auch nicht einfacher, nicht alles was auf dem Desktop funktioniert, macht auf dem Smartphone noch Sinn. Auch hier bin ich auf die Lösungen gespannt.

5. Der digitale Neubau der Kunstsammlung soll ein öffentlicher Schutzraum sein, eine Plattform für Austausch und Forschung mit einer explizit globalen Perspektive. Gesellschaftliche, politische und ethische Fragen werden reflektiert und Haltung dazu bezogen, etwa bei der aktuellen Debatte über die Zukunft des Urheberrechts.

Dieser fünfte und bisher letzte Punkt hat mich am meisten begeistert. Haltung zeigen und Debatten führen, fehlt mir oft an vielen Häusern. Gerade Institutionen, die zeitgenössische Kunst zeigen, sollten auch die gesellschaftlichen Probleme diskutieren, die oft in der Kunst reflektiert werden.

Ebenso finde ich es aus Perspektive des Bildungsauftrages von öffentlichen Häusern heutzutage unerlässlich Position zu beziehen und den Menschen Orientierung zu geben.

Zudem ist es wirklich überfällig, dass ein Haus sich öffentlich in der Bildrechte-Debatte engagiert. Alle Beteiligten leiden ja unter den Auflagen der VG-Bild Kunst und unter den Unsicherheiten, die das nicht auf das Internet ausgerichtete, deutsche Urheberrecht verursacht. Bisher hilft man sich irgendwie mit Fotoverboten oder man beißt in den sauren Apfel und zahlt die horrenden Gebühren, um den Besuchern das Fotografieren zu erlauben. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Die Kunstsammlung will in Zukunft auch digital eng mit den Künstlern zusammenarbeiten und dazu gehört auch mehr Kunst für Besucherfotos zugänglich zu machen. Wenn die Kunstsammlung es schafft, hier einen sinnvollen öffentlichen Dialog mit allen Beteiligten zu führen, hätten sie es wirklich geschafft digital als Vorreiter etwas zu bewegen!

Mein Fazit

Alles in allem klingt die digitale Strategie der Kunstsammlung NRW ziemlich gut und auf die Umsetzung bin ich sehr gespannt. Dass man sich dort jetzt schon als Vorreiter bezeichnet ist mir allerdings etwas zuviel, das lässt sich wohl erst entscheiden, wenn es richtig los geht.  Ebenso bleibt abzuwarten wie sich das Ganze entwickelt, wenn Marion Ackermann weg ist, hängt der Wert des Digitalen doch auch sehr an der Leitung eines Hauses.

Einen Dialog einzuläuten finde ich fantastisch und bin gespannt wie dieser nun weiter geht und sich entwickelt. Das Expertengespräch war sicher nur der Anfang. Bis die Sammlung Ende 2017 vollständig digitalisiert ist, gibt es noch viel Zeit sich mit verschiedenen Gruppen auszutauschen und zu sehen wo die Reise wirklich hingeht.

Was mir bisher fehlt ist das Thema ‚user generated content‘. Es soll kuratiert werden, Künstler sollen den Raum nutzen, aber der Besucher scheint keine Inhalte beisteuern zu dürfen. Jede digitale Plattform lebt am Ende des Tages nur durch ihre Nutzer und deren Verhalten. An dieser Stelle kann auf jeden Fall noch nachgebessert werden.

Besonders herausragend finde ich auch gar nicht so sehr die angestrebten Inhalte, sondern vor allem dass der digitalen Strategie soviel Gewicht gegeben wird. In Deutschland ja noch immer eine Seltenheit. Und damit möchte ich nicht sagen, dass Museen hier keine Strategien haben, auch wenn einige den Anschein machen, aber die wenigstens haben diese bisher so offensiv nach außen kommuniziert und gezeigt wie wichtig ihnen das ist. Da fallen mir das Städel, die Pinakotheken, das Historische Museum Frankfurt und das Marta Herford ein. Eine doch recht überschaubare Zahl. Und nun eben die Kunstsammlung NRW. Anders ist hier auf jeden Fall der Dialog der nun geführt werden soll. Ich hoffe er findet wirklich statt und ermöglicht den einzelnen Zielgruppen aktiv an den neuen Angeboten mitzuwirken.

 

Ein herzliches Dankeschön an die Kunstsammlung NRW für die Einladung und das Bereitstellen des ganzen Materials!

Werbung

Warum die Panoramafreiheit NICHT die Aura von Kunstwerken zerstört!

In der Die Zeit vom 2.7.15 hat Lars Weisbrod einen Kommentar zur Panoramafreiheit geschrieben, der höchstwahrscheinlich witzig und ironisch sein sollte. So schreibt er, dass die Abschaffung der Panoramafreiheit in Europa endlich die Aura von Kunstwerken retten würde. Darüber hinaus erfahren wir, dass der Autor offensichtlich fotowütige Freunde hat, die aus ihrem Urlaub 500 Fotos vom Eiffelturm mitbrachten. Etwas, das ebenso verboten werden sollte. 

Die Aussagen möchte ich eigentlich nur ironisch – gar satirisch – verstehen, befürchte jedoch, da der massive Aufschrei gegen das geplante Verbot in der Öffentlichkeit bisher ausblieb, dass die meisten Menschen gar nicht begreifen wie einschneidend die Abschaffung der Panoramafreiheit in Europa für unsere Lebensrealität wäre. Es geht nicht nur um die 500 mittelmäßigen Fotos vom Eiffelturm. Es geht um essentielle Kommunikationsmöglichkeiten. Museen, die von Star-Architekten wie Zaha Hadid oder Frank Gehry gebaut wurden, dürften nicht mehr abgebildet werden. Der Otto-Normal-Verbraucher dürfte sich streng genommen davor überhaupt nicht mehr fotografieren. Denn sein wir ehrlich, wer kann die Rechtslage öffentlicher Gebäude überblicken? 

Was macht zum Beispiel eine Stadt wie Münster, die alle 10 Jahre die Skulpturprojekte veranstaltet. Eine Ausstellung im öffentlichen Raum, nach der viele Werke in der Stadt verbleiben. Einige davon sind so raffiniert im Stadtbild platziert, dass sie nicht sofort als Kunst erkennbar sind. Ein künstlerischer Kommentar zum Thema Kunst im öffentlichen Raum. So gibt es im Münster beispielsweise 2 Bushaltestellen, die von Künstlern als Werk zur Ausstellung beigetragen wurden. Die meisten Menschen wissen dies wahrscheinlich gar nicht. Sollte nach Abschaffung der Panoramafreiheit eine dieser Bushaltestellen auf einem Foto auftauchen ist das ein Fest für Abmahnanwälte, aber was hat die Kunst dadurch gewonnen? 

Meiner Meinung gewinnt Kunst an Aura dadurch, dass man über sie spricht, schreibt und sie eben auch abbildet. Das man sie feiert, liebt und wertschätzt. Den Eiffelturm schon tausende Male auf Fotos gesehen zu haben, sinkt nicht die Faszination desselben, ansonsten würde sich dort ja nicht jeder Parisbesucher mindestens einmal ablichten. Es ist der menschliche Wunsch zu zeigen „Ich war hier!“ oder „Das muss man gesehen haben“. Darüber hinaus wird bei dieser Debatte offensichtlich vergessen oder schlicht weg nicht gewusst, dass das Urheberrecht beim Urheber also Künstler/Architekten liegt. Das heißt eben auch, dass Städte nicht mehr mit ihren Wahrzeichen werben dürfen. Also nicht ohne schriftliche Genehmigung und ggf. Lizenzahlungen.

 Viele spannende Gebäude und Kunstwerke im öffentlichen Raum wurden aus Steuergeldern finanziert, ein Umstand, den es zu öffentlichem Eigentum macht. Man kann nicht mit dem Geld der europäischen Bürger unsere Städte immer schöner machen und den Zahlern dann ihr Recht auf Kommunikation und Teilhabe verweigern. Das ist auf mehreren Ebenen eine unfassbare Idee, die gerade in heutigen Zeiten von sozialen Medien und fotofähigen Smartphones einfach an der Lebensrealität von uns allen vorbei geht. Herrn Weisbrod steht es natürlich zu keine Fotos zu machen und mit anderen zu teilen. Das ist seine persönliche Freiheit, die ihm bleibt, mit oder ohne Panoramafreiheit!

Für wen die Panoramafreiheit auch ein absolutes Muss ist, der kann die Petition dafür unterschreiben!

#MuseumSelfies, Fotografierverbote und das Urheberrecht

Warum Museen umdenken müssen!

Nachdem in den letzten Wochen nicht nur bei uns im Museum, sondern auch im Netz wieder verstärkt über das Thema diskutiert wurde, habe ich mich entschieden meine Eindrücke und Gedanken dazu doch zu verbloggen. So lange wir in Deutschland keine Rechtssicherheit und klare Regelungen für Museen haben, muss eben über das leidige Thema diskutiert werden.

Sehr anregend für mich war der Vorschlag von der wunderbaren Kunstvermittlerin Anke von Heyl kreativ mit dem neuen Phänomen des Museumselfie umzugehen. Aber kreativer Umgang wird dann schwer, wenn Museen kein Recht haben, die Kunst, die sie zugänglich machen und zeigen auch im digitalen Raum zu präsent zu machen? Und hier sind keine Werbeanzeigen gemeint, sondern das reine unkommerzielle Fördern junger Künstler, das Sichtbarmachen neuer Positionen und das Vermitteln der jüngeren Kunstgeschichte. All dies ist streng genommen mit dem deutschen Urheberrecht nicht vereinbar. Vor allem die Werke, die ein Museum für die eigene Sammlung gekauft hat und die teilweise als Schätze in Depots lagern, weil sie momentan nicht in den Ausstellungsplan passen, dürfen der Öffentlichkeit nicht präsentiert werden.

Das Absurde einer Sammlung

Das ist vor allem absurd, da besonders in der Politik (beim Ringen um öffentliche Gelder) immer betont wird, dass Museen erhalten und finanziell unterstützt werden müssen, weil sie Kunst für die Gesellschaft bewahren und sich verpflichten ihre Sammlungen zugänglich zu machen. Wie soll das nun praktisch funktionieren, wenn die meisten Museen zuviel Angst vor hohen Lizenzforderungen haben, um sich zu trauen ihre Sammlungen online zugänglich zu machen. Ein wichtiger Schritt nicht nur für die Gesellschaft, sondern ebenso für die Forschung, die ebenso nicht im Geld schwimmt und daher darauf angewiesen ist, dass Museen ihre Werke zugänglich machen.

In den Diskussionen wird dann meist auf die VG Bild-Kunst geschimpft. Das ist einfach und ich gebe zu, dass ich auch schon geflucht habe. Nicht weil ich etwas gegen diese Institution, die letztendlich die Rechte der Künstler vertritt habe, sondern weil das Ergebnis in der Regel ist, dass ich Werke der dort vertretenen Künstler schlichtweg nicht zeigen kann. Die meisten Museen können es sich eben schlicht nicht leisten im Jahr mehrere tausend Euro zu bezahlen nur um Werke digital abbilden zu dürfen. An dieser Stelle betone ich gerne nochmal, es geht hier um die reine Zugänglichmachung, es geht nicht um kommerzielle Zwecke, für die sehr wohl gezahlt werden sollte. Selbstverständlich könnte man nun sagen: „Dann zeigt wenigstens die Künstler, die sich noch nicht vertreten lassen.“ Kann man machen, aber auch dann sollte man mit jedem Künstler eine Vereinbarung treffen. Sonst können in Zukunft Forderungen entstehen.

Momentan sieht es also so aus, dass man eigentlich mit jedem Künstler bzw. Rechteinhaber eigene Verträge aufsetzen muss, einfach nur, damit man online beispielsweise seine museumseigene Sammlung präsentieren kann. Selbst bei einer kleinen Sammlung ein immenser Aufwand.

„Fotografieren verboten!“ und die verschenkte Chance der Besucherinteraktion

Aktuell ist die gelebte Praxis oft das strikte Fotografierverbot in deutschen Museen. Ein nicht mehr zeitgemäßer, grauenhafter Zustand. Wer mutig ist, muss sich innerlich zumindest auf Zahlungsaufforderungen vorbereiten. Kann es doch sein, dass ein glücklicher Besucher sein Selfie vor dem „falschen“ Bild macht und in den virtuellen Raum schickt. Dabei liegt gerade in diesem Verhalten die große Chance für die Zukunft der Museen und ebenso für die Künstler.

Ein Selfie ist niemals vor einem beliebigen Bild gemacht worden, sondern vor einem, das Eindruck hinterlassen hat. Neben dem Bild wird in der Regel stolz verkündet wo es aufgenommen wurde und wer der Künstler ist. Hier entsteht ein emotionaler Moment mit der Kunst, den keine Präsentation, kein Wandtext … schaffen kann. Und der verbreitet sich auch noch und wird nicht geheim gehalten. Das „Schlimmste“, das daraufhin passieren kann ist, das weitere Besucher kommen und Menschen erreicht werden, die bisher noch nicht im Museum waren oder Museumsbesuche nicht unbedingt für ihre Freizeit in Erwägung ziehen.

Aus diesen Gründen brauchen wir ein Umdenken in Deutschland. Die Museen müssen sich trauen das Fotografieren endlich flächendeckend zu erlauben. Nur in der Masse wird das dazu führen, dass neue Regeln entwickelt werden. Ein runder Tisch und eine offene Diskussion, nicht nur unter geplagten Museumsmitarbeitern, sondern mit Juristen, der VG Bild-Kunst und der Politik ist längst überfällig und sollte dringend in Angriff genommen werden. Museen brauchen die Möglichkeit ihre eigenen Sammlungen auch online zugänglich zu machen! Und Besucher brauchen das Vertrauen und die Wertschätzung „ihre“ Museen in Besitz nehmen zu dürfen und stolz auf deren Arbeit zu sein!

#QD2014 – Die Tagung zur Vernetzung

Am 16. Mai fand im Rahmen der Quadriennale Düsseldorf in Kooperation mit der Heinrich-Heine-Universität die Tagung zur Vernetzung statt. Eine Einladung an Kulturschaffende sich mit der Digitalen Revolution auseinanderzusetzen. Zahlreiche Fachleute haben ein vielfältiges Programm zum Thema geboten und die Teilnehmer konnten sich zwei Workshops aussuchen und diverse Vorträge hören. Begeistert hat mich vor allem, dass es sich um ein kostenfreies Angebot der Quadriennale handelt. Sicherlich ein Grund warum das Publikum zu 90% aus Menschen bestand, die sich noch nicht heimisch fühlen im Netz mit seinen Möglichkeiten und hier einen ersten Anlaufpunkt gefunden haben.

Den ersten Hinweis auf die Zusammensetzung des Publikums lieferte der Twitterstream zum zugehörigen Hashtag #QD2014: nur eine Handvoll twitterte zum Geschehen. Ungewöhnlich auf Veranstaltungen dieser Art.

Bereits nach der Fragerunde zum ersten Vortrag des Tages von Prof. Dr. Andrea Hausmann zum Thema „Marketing 2.0: Potenziale und Erfordernisse“ zeigte sich, dass bei den meisten Teilnehmern vor allem Unsicherheit und Skepsis gegenüber dem Internet und seinen Möglichkeiten vorherrscht. Ich bin an dieser Stelle immer erstaunt wieder die gleichen Fragen zu hören. Die Barriere ist immer noch zu hoch. Andrea Hausmann nennt es eine Generationendebatte. Dabei gibt es mittlerweile so viele Möglichkeiten sich zu informieren, vor allem natürlich im Netz auf den einschlägigen Blogs. Ins Internet trauen muss man sich jedoch und der dort gebotenen Information vertrauen. An dieser Stelle kann ich immer nur sagen: Bitte, liebe Kollegen, traut Euch!!! Es lohnt sich.

Folie von Holger Simon zum Digital Engagement Framework
Folie von Holger Simon zum Digital Engagement Framework

Das Vertrauen fehlt jedoch an allen Ecken wie ich in Düsseldorf traurig feststellen musste. Durch dieses Misstrauen sind wir im Workshop von Prof. Dr. Holger Simon auch leider nicht so richtig in die Tiefe seines Themas „Museen als digitale Orte – Entwicklung von digitalen Strategien in Kultureinrichtungen“ gekommen. Wobei 1,5 Stunden für einen intensiven Workshop auch zu kurz sind. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass hier viel Misstrauen abgebaut wurde. Immer wieder hat Holger Simon betont wie wichtig es ist, einfach mal zu machen! Dem kann ich mich anschließen. Der Leitspruch dazu: „Analog erleben, digital kommunizieren“. Trotz allen Basics konnte ich für mich persönlich aus dem Workshop ein wichtiges Tool für die Strategie-Entwicklung mitnehmen: das Digital Engagement Framework. Eine schöne Folie, um bei der Diskussion im Team nicht das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Hervorragend auch das zugehörige Poster, das wir mitnehmen durften.

Mein persönliches Highlight kam zum Schluss: der Vortrag von Fabian Famulok, seines Zeichens Redakteur des SCHIRN MAGS. Dieser absolute Rockstar unter den Museumsblogs ist wohl jedem, der sich mit den Themen Blogs und Online Magazine beschäftigt, ein Begriff. Der ziemlich volle Raum war deshalb auch keine Überraschung. Aber auch hier waren nur drei andere Institutionen durch Teilnehmer vertreten, die selbst ein Magazin oder Blog pflegen: die Kunsthalle Bremen, die Kunstsammlung NRW und natürlich Judith Frey und ich vom LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster. Der Einblick in die Blog-Arbeit der SCHIRN war großartig und hat gezeigt wie erfolgreich so ein Projekt sein kann. Das SCHIRN MAG bietet den Lesern umfassende Hintergrundinformation zu den Ausstellungen und vor allem darüber hinaus. Künstler-Interviews, Kuratoren-Kolumnen, interaktive Kunstwerke und  Filme ergänzen die regulären Beiträge. Der Vortrag hat aber wieder gezeigt, dass es nicht reicht einfach nur anzufangen, sondern dass ein digitales Projekt nur erfolgreich ist, wenn es intensiv betreut wird. Ein eigener Redakteur ist dabei sicher die Idealbedingung. Daneben ist wichtig, dass das ganze Team mitzieht und sich engagiert. Die SCHIRN ist in Deutschland das Beispiel, an dem deutlich wird, dass digitales Engagement am erfolgreichsten ist, wenn es im Haus genauso hoch angesehen ist wie klassisches Marketing, Pressearbeit und Vermittlung. Natürlich erfordert eine solche Anstrengung Ressourcen, aber die müssen auf lange Sicht geschaffen werden, sonst verschenkt man eigene Potenziale und verliert im Wettbewerb. Das möchte natürlich keiner hören, aber der Wettbewerb um Besucher und vor allem deren Aufmerksamkeit hat schon längst begonnen. Mit über 6.000 Museen in Deutschland braucht sich wirklich niemand Illusionen über diesen Sachverhalt zu machen.

Schirn
Interaktives Bild auf dem SCHIRN MAG

Und auch wenn die SCHIRN in der deutschen Museumslandschaft so positiv auffällt, gibt es andere digitale Projekte,die als Vorbild dienen können. So stellte Julia Jochem vom ZKM das brandneue Projekt ARTONYOURSREEN vor.  Hierbei handelt es sich um eine virtuelle Ausstellungsplattform für Netzkunst, die gerade erst gelauncht wurde. Besonders spannend finde ich, dass es sich hierbei nicht um das bloße Abbilden von analoger Kunst handelt, sondern um Netzkunst. #AOYS macht Netzkunst direkt erlebbar, eine partizipatorische Idee, die über virtuelle Museen mit Abbildungen analoger Kunst hinausgeht und mich aus diesem Grund besonders begeistert. Jeden Monat wird ein anderer Künstler eingeladen, der das Internet als künstlerisches Medium begreift und dort eine Arbeit realisiert. Der Nutzer ist essentieller Teil des Ganzen, ohne funktioniert die Kunst nicht. Ich werde die Entwicklung des Projektes weiter verfolgen, schließlich wirft es einen ganz neuen Ansatz in die Debatte um virtuelle Museen und Sammlungen.

Abschließend kann ich sagen, dass sich die Tagung zur Vernetzung für mich gelohnt hat. Ich konnte für meine Arbeit Einiges mitnehmen und wünsche mir mehr Veranstaltungen dieser Art, der Bedarf bei den Museen ist definitiv groß. Mein nächster Stop wird deshalb das stARTcamp Ruhryork.

Virtuelle Museen? Eine Definitionsfrage!

Im November 2013 habe ich die Betreuung des virtuellen Museum des LWL-Museum für Kunst und Kultur übernommen. Ein Projekt, dessen Entwicklung ich seit Anfang 2012 aktiv verfolgt habe. Damals hatte das Museum gemeinsam mit der WWU Münster einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben. Unterstützt durch eine PowerPoint Präsentation konnte jeder seine Idee vom idealen virtuellen Museum einreichen. Tatsächlich habe ich es damals unter die besten drei Vorschläge geschafft.

Mittlerweile habe ich einige Vorträge zum virtuellen Museum gehalten. Den letzten beim #kmtreff vom Kulturmanagement Network. Davor beim stARTcamp Münster und einem Bloggertreffen. Die anschließenden Diskussionen und zuletzt der Beitrag von Christian Henner-Fehr zum Thema haben mich nachdenklich gemacht.

Das Thema virtuelle Museen oder Ausstellungen beschäftigt den Kulturbereich. Schlagwörter wie Augmented Reality, Storytelling oder Smartplace schwirren durch den Raum. Jedoch fällt mir immer wieder auf, dass die Meinungen was ein virtuelles Museum eigentlich ist, weit außeinander gehen. Es gibt keine klare Definition worum es sich bei einem virtuellen Museum eigentlich handelt und damit keine gute Grundlage für eine konstruktive Diskussion.

Bei dem Projekt Museum 24/7 wurde die Idee sehr wörtlich genommen. Es wurde ein virtueller Raum geschaffen, der ähnlich einem Computerspiel das reale Museumserlebnis imitiert. Im Gegensatz zum Google Art Project handelt es sich nicht um einen rein abfotografierten realen Raum, sondern um einen ganz eigenen. Aber ist es notwendig, dass reale Erlebnis zu imitieren? Braucht man für eine virtuelle Ausstellung Wände oder reicht es Bilder online zu zeigen. Und ab wann kann ich von einem virtuellen Museum sprechen?

In diesem Zusammenhang wird als Paradebeispiel des virtuellen Museums in jeder Diskussion zum Thema immer das Rijksmuseum in Amsterdam genannt. Dort wurden 150.000 Werke der Sammlung online gestellt. Hochaufgelöst ermöglicht Rijksstudio dem User die Werke nicht nur zu teilen, liken oder anzuschauen, sondern als eigene Sammlung zu verschiedenen Themen zu speichern. Zudem kann jedes Werk als Postkarte, Poster oder Handyhülle bestellt werden. Dies ist vor allem interaktiv und es macht Spaß. Trotzdem würde ich dieses erfolgreiche Projekt eher als virtuelle Sammlung kategorisieren und nicht als virtuelles Museum.

Selbstverständlich kommt hier die Frage ins Spiel, was eine Ausstellung ist. In ein virtuelles Museum gehört für mich eine Ausstellung, Das bietet mir das Rijksmuseum tatsächlich nicht. Natürlich werden auch hier Informationen zu den einzelnen Werken präsentiert, diese stehen jedoch nicht im Vordergrund. Die Auswahl, die ich mir als User abspeichern kann, stellt auch meine persönliche Sammlung zu einem bestimmten Thema aus der Sammlung des Museums dar und keine eigene Ausstellung.

Von einer digitalen Sammlung haben Forscher einen großen Vorteil. Ein virtuelles Museum mit einer kuratierten Ausstellung bietet ihnen weniger Mehrwert, wenn hier nicht gerade die Bilder hängen, die sie aus der jeweiligen Sammlung für ihre eigenen Projekte suchen. Als Kunsthistorikerin begeistern mich digitale Sammlungen, weil sie mir den Zugriff auf verschiedene Kunstwerke ermöglichen zu denen ich nicht „mal eben“ hinreisen kann.

Also warum überhaupt virtuelle Museen? Weil hier im Gegensatz zu einer virtuellen Sammlung, die einfach eine riesige Menge Objekte abbildet, umfassende Vermittlungsarbeit geleistet werden kann. Wenn ich einen Raum schaffe, in dem sich die Besucher bewegen können, kann ich virtuelle Führungen anbieten. Die Besucher können sich mit den Mitarbeitern, aber auch untereinander austauschen und vernetzen. Es besteht die Möglichkeit von Schulklassen im Unterricht den Museumsbesuch vorzubereiten. Die Möglichkeit gemeinsam Kunst zu erleben, jenseits von Barrieren und Öffnungszeiten, ist hier viel größer als in einer digitalen Sammlung.

Mein erstes #Bloggertreffen

Einen Tag vor der stARTcamp Münster Premiere habe ich für das LWL-Museum für Kunst und Kultur ein Bloggertreffen zum Thema „virtuelle Museen“ veranstaltet.

Es war aufregend beim ersten Mal direkt Organisatorin zu sein und ich hoffe es hat allen teilnehmenden Blogger gefallen. Mir hat es auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht und der Input, den ich beim Treffen bekommen habe ist genial. Es geht doch wirklich nichts über den Austausch mit Kollegen, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen. Jeder hat einfach seine ganz eigene Sichtweise auf das Social Web, diese miteinander zu vergleichen und zu besprechen eröffnet ganz neue Perspektiven und ich bin allen Teilnehmern sehr dankbar, dass sie da waren.

Sehr ausführlich über den Tag habe ich bereits für das Museum gebloggt. Wer also mehr dazu lesen möchte, der Artikel ist online.

Teilgenommen haben übrigens:

Anke von Heyl*

Christian Spließ

Christian Henner-Fehr*

Tanja Neumann

Helge David

Claudia Wagner*

Kristin Oswald

Sandra Vacca & Robert Fuchs*

*Hier gibt’s weitere Beiträge zum Nachlesen

Social Media macht glücklich

Zumindest wenn man weiß wie man mit dem Thema sinnvoll umgehen kann. Um die Masse derer, die sich als Vertreter einer Kulturinstitution, als Künstler oder Freiberufler sicher und selbstbewusst im Netz bewegen zu erhöhen, habe ich ein stARTcamp in Münster organisiert. Das Konzept, dass sich am amerikanischen Barcamp orientiert, lässt sich am besten als „partizipatorische Unkonferenz“ beschreiben. Sowohl die Vorträge als auch der Tagesablauf orientiert sich an den Bedürfnissen der Teilnehmer. Jeder ist eingeladen eine Diskussionsrunde anzustoßen, einen Workshop anzubieten oder einen Vortrag zu halten. Per Handzeichen wird dann morgens ganz unkompliziert von Plenum entschieden, ob Interesse am jeweiligen Vorschlag besteht. Seit ich das erste Mal selbst Teilnehmer auf einem stARTcamp war (in München übrigens), das sich ausdrücklich an Kulturschaffende wendet, deshalb das „ART“, bin ich von dieser Art der Tagung überzeugt. Ich kenne kein anderes Veranstaltungsformat, dass in diesem Maße Hemmungen vor Social Media abbaut und den Austausch unter Kollegen ermöglicht ohne eine große Grenze zwischen Vortragenden und Teilnehmern herzustellen. Jeder kennt ja -selbst nach den besten Vorträgen- dieses betretende Schweigen auf Konferenzen, wenn der Punkt erreicht ist an dem eine Diskussion entstehen sollte. Auf einem stARTcamp kann das gar nicht passieren, von Anfang an sind alle auf Augenhöhe und völlig gleich in ihrem Teilnehmerstatus. scms14_10Am 29. März war es dann endlich soweit, das erste stARTcamp Münster  (#scms14) hat Premiere gefeiert. Als Gast der LWL-Kulturabteilung hatten wir die Möglichkeit die technisch hervorragend ausgestatteten Räume des LWL-Landeshauses zu nutzen. Zudem stand uns das Foyer und der Plenarsaal zur Verfügung, der genau wie die Seminarräume für viel Begeisterung bei den Teilnehmern sorgte. scms14_01Für mich als Organisatorin ist der Tag wie im Flug vergangen, vor allem im Vergleich zu den 6 Monaten Vorbereitungszeit. Aber es hat sich gelohnt: Wir konnten viele Vertreter von Kulturinstitutionen aus der Region begrüßen, die zum ersten Mal ein stARTcamp besucht haben. Das ist ein großer Erfolg, da das stARTcamp vor allem auch für Einsteiger geeignet ist, die dort mit Social Media Profis ins Gespräch kommen können. Auch „Fachfremde“-Profis haben mit ihren Sessions für großen Ansturm bei den Teilnehmern gesorgt. So hat zum Beispiel die Juristin Jutta Löwe mit ihrer Session zum Thema „Social Media und Recht“ einige wichtige Fragen zum täglichen Umgang mit virtuellen Plattformen lösen können und Ralf Westarp hat Möglichkeiten der Gebäudedigitalisierung vorgestellt, die auch für kleinere Institutionen in Frage kommen. Diese Session hätte auch mich besonders interessiert, aber der Nachteil -wohl der einzige!- des Veranstalterdaseins ist, nicht alle Sessions selbst besuchen zu können.

img_0023_web
Der Sessionplan zeigt am besten wie vielschichtig die Veranstaltung war, die wir im nächsten Jahr definitiv wiederholen möchten.

 

scms14_23
Auch das #storify der Veranstaltung, in dem jeder die über 1.000 Tweets zur Veranstaltung nachlesen kann, gibt einen guten Eindruck über die vielen Gespräche und Themen, die uns beschäftigt haben.

 

scms14_100

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich selbst habe auf dem stARTcamp eine zweite Premiere gefeiert, nach zahlreichen Barcampbesuchen habe ich endlich selbst eine Session vorgeschlagen. Zusammen mit Sandra Vacca aus Köln ging es 45 Minuten lang um das innovative Thema virtuelle Museen. Ausgehend von zwei sehr unterschiedlichen Projekten, an denen Sandra und ich zur Zeit arbeiten, haben wir eine sehr spannende Diskussion zum Thema angestoßen. Sandra hat das virtuelle Migrationsmuseum vorgestellt, das momentan noch in der Realisierungsphase steckt. Ich dagegen habe das Museum 24/7 vorgestellt, die virtuelle Ausstellungsräume des LWL-Museum für Kunst und Kultur, die im Januar online gegangen sind. Die Session hat mir gezeigt wie aktuell das Thema virtuelle Ausstellungen ist und wie viele Museen sich damit bereits auseinandersetzen, auch wenn es dort noch keine konkreten Pläne für die Umsetzung gibt.

Fazit der Session ist sicherlich, dass es keinen richtigen, absoluten Weg gibt, um  virtuelle Ausstellungen zu realisieren. Vor allem das Thema und die angestrebte Zielgruppe sind entscheidend. Die richtigen Ressourcen, sowohl in Form von engagierten Mitarbeitern als auch finanziellen Mittel sind zudem nicht zu unterschätzen. Mal eben nebenbei lassen sich Projekte dieser Art nicht realisieren. So wird es wohl trotz der zahlreichen Möglichkeiten virtuelle Ausstellungen zu realisieren in naher Zukunft eher keine flächendeckende Onlineschaltung bei den deutschen Häusern geben. Thematisch lohnt sich aber ein Blick ins direkt benachbarte Ausland. Das Rijksmuseum in Amsterdam ist absoluter Vorreiter und Best Practice Beispiel für die Realisierung von virtuellen Museen. Deshalb bin ich auch nicht überrascht, dass es in der Session von Teilnehmern angesprochen und diskutiert wurde. Da die Zeit wie bei den meisten Sessions nicht ausreichend war, hoffe ich das es bald wieder Gelegenheit gibt über das Thema zu sprechen. Sandra und ich bleiben auf jeden Fall in Kontakt. scms14_154 Die positive Rückmeldung in der Abschluss-Session hat mir gezeigt, dass der Bedarf sich über Social Media Nutzung in Kulturinstitutionen auszutauschen auch im Münsterland besonders hoch ist. Immer noch ist die Möglichkeit sich als Mitarbeiter weiterzubilden schwierig und die Wissenslücken und Unsicherheiten sind groß. Da ich selbst absolut überzeugt vom Konzept stARTcamp bin freut es mich besonders, wenn ich andere dafür begeistern kann. Die Mischung aus Expertenwissen, Austausch und Vernetzung macht’s einfach. Sich Vernetzen und Austauschen, das ist es worum es bei einem stARTcamp geht und ich freue mich, dass wir in der Lage waren Münsters Kulturlandschaft näher zusammenzubringen und mit der Veranstaltung für viele neue Impulse für die Social Media Arbeit der teilnehmenden Institutionen gesorgt haben. Mein nächster stARTcamp Besuch als Teilnehmer ist dann im Juni beim #scry14 im Dortmunder U. Besonders freue ich mich drauf als Teilnehmer ganz unbeschwert die Sessions zu besuchen ohne mir Sorgen um den reibungslosen Ablauf des Tages zu machen.

 Jan Graefe
Jan Graefe
Sarah Gossmann
Sarah Gossmann

Unterstützt von vielen Partner und Sponsoren muss ich mich an dieser Stelle vor allem bei Dr. Jan Graefe und Sarah Gossmann bedanken, ohne die ich die Veranstaltung in so kurzer Zeit nicht auf Beine hätte stellen können.

 

 

 

Die Liste aller Blogbeiträge zum Thema gibt’s auf dem Blog vom stARTcamp Münster. Außerdem die gesamte Bildergalerie unserer großartigen Fotografin Steffi Koch.