Die MAI-Tagung 2015 – gute Ideen & einige Problematiken

Am 11. und 12. Mai 2015 fand die 15. MAI-Tagung statt. Einen Tag vorher gab es außerdem ein sehr charmantes Warm-Up mit Führung durch den HMKV im Dortmunder U. Ich bin sehr begeistert, dass die Veranstalter es seit 15 Jahren schaffen, einmal im Jahr Museumsmenschen zusammenzubringen, die sich über ihre digitalen Projekte austauschen. Ich war zum ersten Mal dabei und es hat mir gut gefallen. Mit der DASA in Dortmund wurde uns eine gelungene Location präsentiert, die sich sehen lassen kann. Die rund 200 Teilnehmer, teils von großen Häusern wie dem Frankfurter Städel, haben dafür gesorgt, dass ein abwechslungsreiches Vortragsprogramm sowie viele inspirierende Gespräche zustande gekommen sind. Ich habe viele meiner liebsten KollegInnen wieder getroffen und einige „neue“ kennengelernt. Das ist für mich mit das Schönste an diesen Veranstaltungen, man kann sich endlich wieder live austauschen und ausgiebig diskutieren. Diskussionen gab es leider wieder vor allem in den Kaffeepausen. Das Programm war aber auch so eindrucksvoll umfangreich, das zwischen den Vorträgen einfach die Zeit zu knapp war für eine größere Diskussion im Plenum. Einige Gedanken, die mir zu einzelnen Projekten gekommen sind, möchte ich deshalb hier nochmal aufgreifen und vielleicht entsteht ja ein digitaler Austausch.

Für mich persönlich besonders aufregend war mein erster eigener Vortrag. Der wird auf dem Marta Blog veröffentlicht. Dazu wünsche ich mir natürlich zahlreiche Rückmeldungen.

Meine Highlights

Bevor ich auf die Problematiken zu sprechen komme, die mich immer noch beschäftigen, möchte ich kurz einige Projekte nennen, die sich jeder digital Interessierte anschauen sollte!
Eine besonders gelungene App hat das Ethnologische Museum Berlin mit „BorderCheck“ umgesetzt. Katharina Kepplinger stellte die standortbezogene App mit der zugehörigen Beacons-Technologie vor. Besonders das Konzept hat mich überzeugt! Mit der App kann jeder Museumsbesucher in der Ausstellung austesten wie es ist, mit unterschiedlichen Nationalitäten in unterschiedliche Weltregionen zu reisen. Neben der wirklichen ansprechenden Lösung mit einem Serious Game haben mich Inhalt und Anwendung wirklich von einer App-Lösung überzeugt. Ich kann sogar sagen, es ist die allererste Museumsapp, die mich wirklich beeindruckt hat und die ich hoffentlich bald ausprobieren kann.

Ein weiteres Highlight für mich war der Vortrag von Violetta Rudolf von past[at]present. Das junge Team von HistorikerInnen und KulturwissenschaftlerInnen hat es sich zur Aufgabe gemacht, an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit, unsere Geschichte mit innovativen Formaten zu vermitteln. Die Umsetzung wird dann auch gleich erforscht. Ich habe den Eindruck, dass machen sie richtig, richtig gut. Vorgestellt hat Violetta Rudolf die Projekte „Wo Gras drüber wuchs – Das Tempelhofer Feld im Nationalsozialismus“ und „kudamm’31. eine unerhörte Geschichte“. Beide sind sehr unterschiedlich, in ihrer Innovation jedoch gleich spannend. „Wo Gras drüber wuchs“ ist ein Geocaching-Projekt, das den Nutzer dazu einlädt die Geschichte des Tempelhofer Feldes auf drei verschiedenen Routen ganz neu kennenzulernen. Eingeflossen sind die Ergebnisse aktuellster Grabungen. Wer sich darauf einlässt wird mit historischen Dokumenten, Zeitzeugenberichten, Interviews und Fotos belohnt.
Das Projekt „kudamm’31“ vermittelt die Vorgänge des 12.9.1931, die als „Kurfürstendamm-Progrom“ in die Geschichte eingegangen sind. Per GPS kann auf 45 Audiofiles zugegriffen werden, die mit Hilfe von Radio Aporee lokal mit dem Kudamm verknüpft sind. (Radio Aporee ist übrigens auch ein sehr spannendes Projekt) Die App lässt es zu, die Files bereits im Vorfeld zu speichern, so dass man diese offline abrufen kann. Die angespielten Beispiele haben mich sehr bewegt und ich hoffe ich finde bald Zeit, mich am Kudamm mal ganz neu „umzuhören“. Die Arbeit der jungen Wissenschaftler von past[at]present werde ich ab jetzt fleißig verfolgen und ich bin sehr gespannt welche Projekte noch folgen werden. Ich hoffe auch wer so vorbildlich mit den dunklen Abschnitten unserer Geschichte innovative Vermittlungsprojekte umsetzt, bekommt in Zukunft noch größere Aufmerksamkeit von einem breiten Publikum.

Einige unausgesprochene Problematiken

Ich habe die MAI-Tagung sehr genossen und habe viele Eindrücke mitgenommen. Besonders wichtig finde ich, Projekte und auch meine persönliche Arbeit regelmäßig zu reflektieren und zu hinterfragen. Natürlich redet niemand gerne über Probleme oder Bedenken, aber aus diesen kann man oft am meisten lernen. Das Internet und die digitale Welt sind kein Neuland mehr und doch erschließen die Kulturinstitutionen im deutschsprachigen Raum diese Ebene der Gesellschaft noch zaghaft und langsam. Am ersten Tag wurden deshalb wahrscheinlich vor allem Apps vorgestellt. Ja Apps sind toll und begleiten unseren Alltag, aber sind sie immer sinnvoll? Sind sie immer gut umgesetzt? Nein! Nicht umsonst verschwinden die meisten wieder recht schnell vom Markt. Eine Sache hat mich deshalb tatsächlich zwischendurch geärgert, eine andere hat mich nachdenklich gemacht.

Geärgert habe ich mich über den Zustand, dass viele Museen neue Wege gehen, diese aber nicht kommunizieren oder gar bewerben. So wurden mir zwei Apps zu Ausstellungen vorgestellt, die ich besucht habe, jedoch ohne zu wissen, dass die Apps existieren. Erklärung: Es gab zwar Gelder für die Umsetzung, aber nicht fürs Marketing. Liebe Stiftungen, Förderer und Museumsleute, diese Einstellung verschwendet Ressourcen! Apps sind aufwendig und kosten viel Zeit und Energie in der Entwicklung. Wenn man nicht in der Lage ist, diese dann auch bekannt zu machen, lasst es. Es ist kein Muss eine Ausstellungsapp zu haben, wenn nicht gar bei kurzen Wechselausstellungen sogar Schwachsinn. Es ist auch nicht immer die beste Lösung mit Studenten zu arbeiten, manchmal braucht man einen professionellen Spieleentwickler. Den Aspekt werde ich hier nicht weiter thematisieren, weil dazu bereits ein Blogbeitrag existiert. Auch die Fragen nach den Endgeräten, die bedient werden sollen, ist keineswegs marginal. Jeden Gerätetyp, den man ausschließt, hält ganze Personenkreise davon ab, die App zu verwenden. Eine genaue Zielgruppenanalyse sollte dem ganzen schon voran gehen. Im Zweifel wissen Eure Besucher ohnehin was sie möchten! Einfach mal nachfragen 😉 Ich würde mir wirklich wünschen, dass das Thema „Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit von Apps im Kulturbetrieb“ endlich ausführlich diskutiert wird, sonst haben wir bald unser eigenes „Un-Wort“ geschaffen.
Vielleicht könnten die Häuser sich auch erstmal WLAN zulegen, damit auch die Rahmenbedingungen für Apps vorhanden sind. Das Datenvolumen der meisten Menschen ist schließlich begrenzt und ich bin tatsächlich nicht ohne weiteres bereit dieses für irgendeine App aufzubrauchen. Mal ganz davon ab, dass auch noch Speicherplatz auf dem Gerät vorhanden sein muss. Die letzten Museumsapps, die ich testen wollte, hatten locker 200MB, die kann ich gar nicht entbehren auf meinem Smartphone. Das klingt alles banal, sollte aber dringend bei der Planung und Konzeption einer App berücksichtigt werden.

Nachdenklich gemacht hat mich die Vorstellung von der Rummelsburg-App durch Thomas Irmer und Klaus König. Im Großen und Ganzen hat mich die App erstmal überzeugt! Die Idee mit einer App die laufende „Open-Air-Ausstellung“ an einem historischen Ort zu erweitern, die für jeden verfügbar ist, finde ich super. Die gezeigte Ausstellung umfasst die Zeit vom Kaiserreich bis zur friedlichen Revolution 1989, die App thematisiert die Zeit des Nationalsozialismus und der DDR. Auch hier wurde erreicht ein dunkles Kapitel der Geschichte sinnvoll darzustellen. Die gezeigten Ansichten haben mich vom Konzept überzeugt und auch die Umsetzung ist stimmig und dem Thema angemessen. Überhaupt nicht gefallen hat mir allerdings der Teil der App, der sich an Kinder ab 10 Jahren richtet. Diese sollen durch spielerische Elemente (Puzzle) und eigene Inhalte die Geschichte des Ortes erfassen und bekommen bei vollständigen Puzzle noch ein Überraschungsvideo. Als ich dieses „Belohnungsvideo“ für den erfolgreichen Abschluss der Tour gesehen habe, war ich entsetzt. Da erzählt ein ehemaliger Häftling der DDR eine „lustige“ Anekdote aus seiner Zeit in der Haftanstalt. Die Inhalte sind zwar für Kinder aufbereitet, keine Frage, aber was soll das? Lustige Geschichten gegen Puzzleteile, wenn es um Themen wie Drittes Reich und DDR-Haftanstalten für „Asoziale“ (damals offizielle Bezeichnung) geht. Da haben wir im Netz gerade erst über Banalität in der Vermittlung diskutiert und dann lernt man geradezu ein Paradebeispiel dafür kennen. Ich bin wirklich dafür, dass Kinder unsere Geschichte kennenlernen, aber es gibt auch heute noch andere Möglichkeiten dafür. 10-jährige sollten vielleicht lieber mit einem direkten Ansprechpartner bzw. den Eltern historische Orte kennenlernen. Vielleicht ist manchmal ein richtig gutes Buch für die Altersgruppe angemessener. Vielleicht sollte man auch erst generell mehr geschichtliches Vorwissen haben, mit 10 ist man immerhin erst in der 4. Klasse, der wichtige Geschichtsunterricht kommt also erst noch. Warum Kinder nicht erstmal für Geschichte begeistern bevor man gleich an die richtig harten Themen geht. Geschichtliche Ereignisse muss man schließlich auch erfassen und einordnen können. Dafür braucht man Bezugspunkte. Eine Tour für Jugendliche könnte mich eventuell noch überzeugen, aber dieses Konzept kann ich nur schwer nachvollziehen, obwohl ich die App an sich sehr gelungen finde. Eine Diskussion über App-Lösungen für Kinder sollte vielleicht auch mal geführt werden.

Weitere Berichte zur MAI-Tagung werden hoffentlich noch von anderen Teilnehmern folgen, denn es war wirklich zuviel um über alles zu schreiben. Einen guten Blick auf Tag 1 hat Anke von Heyl.

Was Museen von Disney World lernen können! oder Der größte Smartplace der Welt

Die letzten zwei Wochen habe ich Urlaub im wunderschönen Florida gemacht und seit Jahren das erste Mal wieder Walt Disney World (WDW) besucht. Als Familientrip geplant, wurde der Besuch schnell zur aufschlussreichen Feldstudie in Sachen Smartplaces. Ebenso hatte ich einige erhellende Momente was es wirklich bedeutet eine nützliche App für Besucher bereitzustellen.

Um Missverständnissen vorzubeugen möchte ich vorab betonen, dass es mir nicht darum geht, dass Museen generell zu Orten wie WDW werden. In Sachen Vernetzung mit dem Besucher, hilfreichen App-Angeboten und individuellem Erlebnis hat WDW jedoch durchaus eine Vorbildfunktion, von der Kulturinstitutionen sich inspirieren lassen sollten.

Alles neu in WDW

Das WDW einige Neuerungen eingeführt hat seit ich vor einigen Jahren das letzte Mal dort war, fiel mir sofort auf. Statt eines Papiertickets, das durch eine Lesegerät geschoben werden muss, gab es dieses Mal schicke Tickets in Kreditkartenform auf die auch direkt eine „Fastpass“-Option gebucht werden kann. (Der Fastpass ermöglicht es Besuchern gegen Aufpreis an den Warteschlangen vorbei zu gehen.) Besonders schnell fiel mir auf, dass die meisten anderen Besucher um uns herum Disney-Smartbands trugen, mit denen sie einfach in den Park hineinspazieren konnten. Meine Neugier war schon mal geweckt. Doch dazu gleich mehr. Besonders im Ausland schätze ich es sehr, wenn mir freies WLAN zur Verfügung steht, so dass ich mein Smartphone weiterhin benutzen kann. Begeistert durfte ich feststellen, dass auf dem gesamten Gelände von WDW freies WLAN zur Verfügung steht. Ohne Registrierung, ohne Passwort. Ich bin ohnehin gewöhnt, dass WLAN in den USA wirklich überall verfügbar ist, jedoch war ich trotzdem beeindruckt, da wir beim WDW immerhin von einem Areal sprechen, das 6 Parks, 1 Downtown-Area und 23 Hotels beinhaltet. Mit einer Fläche von 15.000 Hektar, die diverse reine Grünflächen und teils Inseln beherbergt, war es sicher eine Herausforderung starkes, flächendeckendes WLAN zu installieren. Aber beim WLAN haben sie nicht aufgehört.

Die WDW Apps

Insgesamt stellt Disney 3 unterschiedliche Apps speziell für den Besucher der Parks zur Verfügung. Die Apps gibt es für Apple, Android und Windows Phones und sind kostenfrei. Drei Apps sind zuviel mag man auf den ersten Blick denken, jedoch bedienen die drei Apps unterschiedliche Bedürfnisse und sind dadurch unterschiedlich komplex sowie für verschiedene Besuchergruppen interessant.

1. Die WDW Wartezeiten App – Für einen Freizeitpark mit 40 Mil. Besuchern im Jahr sicherlich sinnvoll. Die App liefert genau das, was der Name verspricht, nämlich nach Parks sortiert, die gesamten aktuellen Wartezeiten der einzelnen Attraktionen. Diese App habe ich selbst immer wieder genutzt und sie hat mich tatsächlich begeistert, da sie Nerven und Zeit spart.

2. Die WDW Karten App – Diese App bietet schon mehr und eignet sich sicher besonders für Besucher, die noch nicht mit dem Park vertraut sind. Nach Parks sortiert findet man hier Karten mit den Attraktionen, Restaurants, Toiletten und Character-Spots. Die Karten sind zoombar und dadurch sehr gut lesbar. Bei den Attraktionen werden ebenfalls die Wartezeiten angezeigt. Ebenso kann man alles außer die eingeblendeten Toiletten auch anklicken und erhält eine Erklärung, um was für eine Art von Attraktion/Restaurant es sich handelt. Die App ersetzt im Prinzip die herkömmlichen Faltkarten aus Papier, die nicht nur schwer lesbar, sondern auch recht unübersichtlich sind. Darüber hinaus sind diese immer schnell abgenutzt durch häufiges falten. Eine App, die dieses Problem löst scheint also nur sinnvoll. Vor allem, wenn es im gesamten Park WLAN gibt. Darüber hinaus bietet sie extra Features wie die Wartezeiten, Restaurant-Speisekarten, Zoom etc.

Nun wird der aufmerksame Leser sich fragen, ob die zweite App die erste nicht überflüssig macht, da sie ja ebenso die Wartezeiten anzeigt. Aus eigener Erfahrung kann ich das verneinen, da die Wartezeiten in der ersten App in einfacher Listenform angezeigt werden, die viel übersichtlicher ist als die großen Karten. Das liegt im Fall von WDW schlichtweg an der Größe des Areals. Dadurch war die erste App für mich eher eine Bereicherung neben der zweiten, die ich nicht so häufig gebraucht habe, weil ich den Park relativ gut kenne.

Das MagicBand und die MyMagic+ App

Seit 31. März 2014 gibt es das MyMagic+ Programm in WDW. Besucher müssen dafür das MagicBand (Disneys eigenes Smartband) erwerben bzw. bekommen es in Buchungspaketen mit Hotel inklusive. Das Smartband ist dabei Eintritt, Zimmerschlüssel, Bezahlmöglichkeit und Fastpass zugleich. Disney-typisch gibt es nicht nur verschiedene Farben, sondern ebenso diverse Accessoires durch die man das Band personalisieren kann. Sogar eine persönliche Gravur ist möglich. Mit einem Grundpreis von 20$ für das Band und 5-10$ für Zubehör ist es nicht verwunderlich, dass die meisten der anderen Besucher ein Band ums Handgelenk trugen. Das Band lässt sich über die MyDisneyExperience Website oder noch einfacher die MyMagic+ App bedienen.

Neben den bereits erwähnten Möglichkeiten, lässt sich auf das Band auch der Fotopass laden, mit dem man die Option erwirbt sich an allen sehenswerten Punkten von einem professionellen Fotografen in Szene setzen zu lassen. Hat man Pass und Band, sind die Fotos sofort im eigenen Account bzw. in der App einsehbar und können verwendet werden. Ebenso lässt sich die Nutzung des Fastpasses über das Band steuern. In der App kann ausgewählt werden welche Attraktion man ohne Anstehen besuchen möchte, woraufhin man einen Zeitrahmen (üblicherweise etwa 1 Stunde) zugeteilt bekommt, in dem man mit seinem Band an der Schlange vorbei gehen kann. Über die App lässt sich, praktischer Weise, auch nicht nur das eigene Band managen, sondern das der ganzen Familie. Dabei kann man alle Bänder gleich und jedes einzeln anwählen. So das beispielsweise zwar der Fastpass immer für alle gilt, aber nur die Erwachsenen mit ihren Bändern in den Shops bezahlen können. Ebenso lassen sich Restaurant-Reservierungen so schnell und einfach vornehmen. Sämtliche Einstellungen und Pläne, die man in seinem Account vornimmt werden in der App automatisch als praktische Tagespläne angezeigt. Die interaktiven Karten der Parks in der MyMagic+ App sind ebenfalls auf das Band eingestellt und zeigen neben den Inhalten der WDW Karten App besondere Angebote in der direkten Umgebung und auch in der nahen Zukunft stattfinde Paraden etc.

Benachrichtigungen und Angebote für MyMagic+ Nutzer

Natürlich funktioniert das Ganze nicht nur in eine Richtung. Wer das MagicBand trägt bekommt ebenso Nachrichten auf sein Smartphone gesendet, die Disney für den jeweiligen Besucher für interessant hält. Das können besondere Angebote von Geschäften in der Nähe sein, aber auch besondere Ermäßigungen in den Restaurants. Darüber hinaus stehen aber auch Besonderheiten wie das Treffen von Disney-Figuren, bessere Plätze bei Paraden und Feuerwerken für die Besucher zur Verfügung. Diese werden nach Aussage der Macher auf jeden Besucher persönlich zugeschnitten, so das beispielsweise die Mutter von Teenagern nicht die gleichen Angebote bekommt wie die Mutter eines Kleinkindes. In wie weit das praktisch gut funktioniert kann ich selbst nicht beurteilen, gehe aber auf Grund des betriebenen Aufwandes und der Tatsache, dass jeden Band mit einem Account verknüpft ist, davon aus, dass Disney das ganz gut im Griff hat. Zudem bietet Disney tatsächlich die Möglichkeit das Empfangen von klassischen Werbeangeboten bzw. überhaupt das Empfangen von Nachrichten auszustellen. Hier wäre es sicher spannend mal die Statistiken zu betrachten.

Big Data für Disney

Der größte Smartplace der Welt mit 40 Mil. Besuchern im Jahr bedeutet auch eine unwahrscheinlich große Menge an Daten. Seit es das MagicBand bei Hotelbuchungen umsonst gibt, dürfte die Großzahl der Besucher eines umhaben. Nach eigener Aussage benutzt Disney die Daten anonym zur Verbesserung der Parks und gibt diese nicht an Dritte weiter. Vorbildlich ist in diesem Sinne eine sehr umfangreiche Aufklärung über die Nutzung der Daten auf der Website. Und letztendlich hat WDW schon immer Daten erhoben. Selbst mit den Papiertickets war nachvollziehbar wann und wie lange die einzelnen Besucher sich in den Parks aufgehalten haben. Heute ist das ganze eben differenzierter geworden.

Fazit?!

Da ich das Band und die dazugehörige App noch nicht selbst verwendet habe, sondern vor allem die anderen Besucher damit beobachtet habe, kann ich kein abschließendes Fazit geben, sondern werde meine Eindrücke zusammenfassen und beschreiben in wie weit es mich für meine Arbeit im Museen inspiriert hat.

Für mich tatsächlich direkt greifbar war die Nutzung der Bänder für die Auswertung der Wartezeiten, die mittlerweile mit Hilfe der Bewegungsdaten der Besucher erhoben werden. Ich gehe stark davon aus, dass die Auswertung der eingehenden Daten WDW stark verändern werden. Bereits verändert hat sich der Eingangsbereich der einzelnen Parks. Wo früher Drehkreuze mit Lesegeräten für die Papiertickets standen, stehen heute ziemlich stylische Lesegeräte für die Bänder. Mit dem Verhältnis früher 1 Drehkreuz = heute 4 Lesegeräte. Auch das Anstehen vor den Parks hat sich dadurch also bereits verbessert. Noch fahren jedoch die Busse, Boote und Schwebebahnen zwischen den Parks in einem festen 20 min. Rhythmus. Mit den Bändern lässt sich dies in Stoßzeiten in Zukunft hoffentlich besser organisieren.

Alles in allem bin ich sehr beeindruckt davon, was Disney in WDW auf die Beine gestellt hat. Inspirierend finde ich daran vor allem den Fokus Besucher. Natürlich bekommt Disney einen unbezahlbaren Datenschatz, aber sie bieten ihren Besuchern mit Hilfe der App und des Bandes tatsächlich echte Mehrwerte. Der gesamte Urlaubsplan sowie der Aufenthalt können damit organisiert werden. Lästige Wartezeiten werden fast vollständig vermieden. Es gibt Werbung, die scheint sich jedoch in Grenzen zu halten und bezieht sich auf die konkrete Planung des einzelnen Besuchers und bietet mich besonderen Angeboten bei den teuren Disney-Artikeln für die meisten Besucher wohl auch einen Mehrwert. Außerdem kann sie abgestellt werden. Und viele Besucher, die ich gesehen habe, haben sich außerdem zusätzlich Accessoires für ihre Bänder gekauft, können sich also offensichtlich mit dem Produkt und dem Angebot identifizieren.

Die Betrachtung der digitalen Angebote in WDW – von der Wartezeiten App bis zum MagicBand – haben mir mal wieder gezeigt wie wichtig es ist bei Apps und anderen Angeboten ist an die Bedürfnisse seiner Besucher zu denken. Museen müssen sich nicht wundern, wenn sie für Apps schlechte Download-Zahlen haben, da diese meistens keinen echten Mehrwert bieten und der Besuch eben ohne genau so gut funktioniert. Der Besuch hat mir auch gezeigt was ein Smartplace wirklich ist, wie es wirklich aussieht, wenn ein Ort mit seinen Besuchern in Kontakt tritt. Entwicklungen, die in Deutschland eher langsam voran gehen. Bei den begrenzten Ressourcen von Museen sollte man jedoch endlich mal darüber nachdenken auf welche Art man digital einen echten Mehrwert für den eigenen Besucher schafft bzw. mal herausfinden wer dieser eigentlich ist und was dieser sich wünscht bzw. vielleicht bei einem Besuch vermissen könnte.

Warum nicht mal eine MuseumsApp denken, die tatsächlich nicht nur Inhalte erklärt, sondern auch den Besuch, Ticketkauf, Buchung einer Führung etc. vereinfacht? Die nicht nur guten Content liefert, sondern auch praktisch hilft. Die Ansprechpartner und Orientierungshilfe ist. Und die darüber hinaus dann auch noch personalisierbar ist. Bei der, der Besucher selbst entscheidet wie viel er über sich preisgibt und ob er Angebote erhalten möchte und in welcher Form. Heute möchte jeder sein persönliches Erlebnis haben. Ein Verlangen, das WDW anscheinend richtig beantwortet. Ein Umgang mit dem Digitalen von dem man hier in Deutschland auf jeden Fall etwas lernen kann!