Bloggerrelations und Bloggerreisen – Eine Podiumsdiskussion auf dem #scmuc15

Am Samstag, 25. April 2015, fand das vierte stARTcamp in München statt. Die Kulturkonsorten haben sich wieder mächtig ins Zeug gelegt und einen rundum gelungenen Tagungstag für uns auf die Beine gestellt. Ich werde jetzt mal nicht den ganzen Tag ausführlich beschreiben. Damit haben Claudia Wagner und Christian Henner-Fehr schon begonnen und ich verlasse mich drauf, dass noch einige anwesende Blogger folgen werden. Ich schreibe an dieser Stelle nur soviel: Obwohl und gerade weil ich selber ein startcamp organisiere und weiß wie anstrengend das ist, ist das startcamp München mein Lieblingsstartcamp im Jahr. Es sind natürlich alle super, aber mein Highlight ist jedes Jahr München! Mein eigenes kann ich auch nur wenig genießen, weil ich so in die Organisation eingebunden bin.

Genug mit Lobreden. Davon gibt es unter den Teilnehmern immer genug. Obwohl Christian Gries in einer Session versucht hat ein Streitgespräch anzuregen, dass es in Münster dieses Jahr nach seinem Vortrag ebenfalls gegeben hatte, waren die Teilnehmer voll von Selbstbestätigungen à la „Wir machen ja so positive Erfahrungen im Netz!“. Mir fehlt im Allgemeinen oft die Reflexion unserer Arbeit. Niemand wagt sich an die große Frage, wozu wir eigentlich im Social Web agieren und auf welche Weise. Nicht alles was passiert muss wirklich sein und wenig scheint mir wirklich gut konzipiert. Nicht umsonst werden bei Best Practice Beispielen immer nur die gleichen Aktionen genannt wie #myRembrandt oder das Rijksstudio. Ich werfe an dieser Stelle mal ein, dass wir vielleicht mal ein Streitcamp brauchen 😉

Neben den vielen „klassischen“ Session, in denen jemand ein bestimmtes Thema vorgestellt hat, schlug Angelika Schoder eine Podiumsdiskussion zum Thema „Bloggerrelations und Bloggerreisen“ vor. Eine Podiumsdiskussion habe ich selbst noch auf keinem Barcamp erlebt und war sofort begeistert mal ein neues Session-Format auszuprobieren. Da Angelika weitere Blogger für das Podium gesucht hat, habe ich mich gemeldet. Gemeinsam mit Tanja Praske, Wera Wecker und Isabel Koch mit Christian Gries als Moderator haben wir über Bloggerreisen und -relations diskutiert bzw. gesprochen. Benjamin Heinz hat davon übrigens ein super Foto geschossen:

Ich war die einzige Teilnehmerin, die noch nicht an einer Bloggerreise teilgenommen hat und habe auf dieses sehr spezielle Thema vor allem einen Blick von außen. Persönlich finde ich die Idee, dass eine Institution oder Stadt mich einlädt und ein Wochenende bespaßt, damit ich über ihre Angebote schreibe natürlich reizvoll. Aus Sicht einer Institutionsmitarbeiterin beim Marta Herford sehe ich die Angelegenheit kritisch. Selbstverständlich schafft eine solche Aktion eine immense Reichweite und Aufmerksamkeit in den sozialen Medien, aber ist das wirklich nachhaltig? Schaffe ich es damit Blogger langfristig an mein Haus zu „binden“? Wenn mich beispielsweise eine Bloggerreise nach München führen würde, wäre das erstmal großartig und ich würde sicher auch umfassend davon berichten. Aber! Aber regulär bin ich vielleicht 1-2 Mal im Jahr in München und dann mache ich selbstverständlich das worauf ich Lust habe. Vor allem macht man mit einer Bloggerreise wohl einen guten Eindruck. Das ist natürlich auch wichtig und kann durchaus als Hauptziel einer Strategie funktionieren. Aber langfristig finde ich es wichtiger, dass sich Museen und Institutionen auf Blogger einstellen. Also nachhaltige, durchdachte Bloggerrelations führen und aufbauen.

Zu funktionierenden Bloggerrelations gehört für mich zunächst ein funktionierender Pressebereich, der auch Blogger explizit anspricht. Unter Bloggern herrscht immer noch eine große Unsicherheit ob sie Pressebilder verwenden dürfen etc. Ein kurzer, freundlicher Text kann da Wunder wirken. Darüber hinaus sollte selbstverständlich ein Ansprechpartner genannt werden! An wen kann man sich wenden, wenn man weitere Fragen hat oder vielleicht an weiterführenden Informationen zur Ausstellung interessiert ist um besser darüber schreiben zu können. Sinnvoll finde ich auch, wenn Blogger sich in Presseverteiler eintragen können, wenn sie dies wünschen. Dann sind sie frühzeitig informiert, welche Veranstaltungen etc. in Zukunft stattfinden werde. Noch eleganter ist darüber hinaus ein ganz eigener Bloggerverteiler. Es wird viel Aufwand betrieben um wichtige Journalisten mit allen relevanten Informationen zum Haus zu versorgen, warum dies nicht auch in abgestimmter Form für Blogger.

In Städten in denen zahlreiche Blogger leben, wäre es für Museen sicher lohnenswert an einem Samstag auch mal eine Bloggerveranstaltung ähnlich einer Pressekonferenz zu veranstalten. Ich schreibe bewusst ähnlich, da Blogger anders sind als Journalisten. Blogger schreiben nicht nur meist unbezahlt in ihrer Freizeit, sie haben auch sehr individuelle Blicke auf ihre Themen. Darüber hinaus lieben die meisten die Vernetzung, das heißt, wenn man Blogger einlädt möchten die sich auch gegenseitig kennen lernen. Es gibt nichts schöneres als sich auszutauschen und zu vernetzen, man kennt sich ja mindestens aus dem Netz. Deshalb ist eine charmante Führung mit anschließendem Kaffeetrinken etc. viel effektiver als der Ablauf einer Pressekonferenz um Blogger zu begeistern. Und Institutionen müssen in den sauren Apfel beißen und solche Veranstaltungen idealerweise am Wochenende oder abends machen. Blogger sind berufstätig und können sich nicht ständig Urlaub nehmen. Tatsächlich finde ich persönlich manche Einladung an mich als Blogger fast unverschämt. Beziehungen sind ein Geben und Nehmen! Ich kann nicht in der Woche durch das ganze Land reisen um mir gratis eine Ausstellung anzuschauen. Jemand der bei Audi arbeitet und privat über Autos bloggt, kann sich auch keinen Urlaub nehmen und dann über Porsche bloggen. Denkt über sowas nach liebe Kollegen! Etwas Banales wie der Tag kann ausschlaggebend sein wie erfolgreich eine Bloggerveranstaltung wird.

Ebenso sollte von Museen auch mal über den Tellerrand geschaut werden. Angelika und Tanja haben begeistert berichtet wie spannend es für sie war auf einer Bloggerreise auch mal einen Mode- oder Reiseblogger zu treffen. Warum sich nicht auch mit Technik- oder Architekturbloggern vernetzen? Die Idee ist sicher nicht so verrückt wie sie auf den ersten Blick klingt.

Aber auch die Blogger sollten das ein oder andere beachten. Als ich mein erstes Bloggertreffen organisiert habe, haben sich 50% der Blogger nicht auf meine Einladung zurück gemeldet. Dabei habe ich jedem eine persönliche Mail geschrieben, in der ich zum Ausdruck gebracht habe warum ich gerade diesen Blogger gerne dabei hätte und wieso. Das ist viel Arbeit! Für jeden, der sich für diese Dinge in einem Museum einsetzt, gehen in der Regel harte Diskussionen voraus warum Bloggerrelations eigentlich sein müssen. Das kann man auch als Blogger mit einer netten Antwort honorieren. So schwer ist es ja nicht 2-3 Zeilen zu schreiben, warum man nicht teilnehmen kann oder möchte.

Ich werde mich auf jeden Fall weiter für Bloggerrelations einsetzen und hoffe, dass diese bald zum Standard in deutschen Institutionen gehören. Selbstverständlich werde ich auch weiter bloggen und Einladungen zu Veranstaltungen zumindest beantworten 😉

Foto: Katrin Dengler
Foto und Beitragsbild: Katrin Dengler | Großes Dankeschön dafür!

Die Diskussion gibt es nun zum Nachhören beim Radio.